Fett: Wofür ist es notwendig und wie viel brauchen wir?

Fett: Wofür ist es notwendig und wie viel brauchen wir?

22.02.2021

Vegane Menschen leiden seltener unter Übergewicht, nehmen im Gegensatz zu Allesesser:innen gesünderes Fett zu sich und haben deshalb auch ein deutlich geringeres Risiko für einen hohen Cholesterinspiegel und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Achten sollten sie auf eine ausreichende Zufuhr von essenziellen Omega-3-Fettsäuren.

Funktionen von Fett

Fett spielt in der Ernährung eine wichtige Rolle: Als energiereichster Nährstoff liefert es doppelt so viele Kalorien wie Kohlenhydrate und Protein. Im menschlichen Körper dient es als Wärmeisolierung sowie Stoß- und Druckschutz für Organe. Fett ist aber auch ein bedeutender Geschmacksträger und zudem für die Aufnahme der fettlöslichen Vitamine A, D, E und K notwendig. Eine besonders wichtige Funktion kommt den essenziellen Fettsäuren zu. Essenziell bedeutet lebensnotwendig – Menschen müssen diese Fettsäuren also mit der Ernährung zuführen, da sie sie nicht selbst bilden können. Sie dienen als Vorstufe der sogenannten Eicosanoide, hormonähnlicher Substanzen mit vielfältigen Wirkungen, die unter anderem Entzündungsprozesse und die Fließeigenschaften des Bluts beeinflussen.

Fett ist nicht gleich Fett

Wie in allen Industriestaaten ist der Fettverzehr in Österreich zu hoch. Im Tagesdurchschnitt werden 37 % der Energiezufuhr durch Fett gedeckt, dabei sollten es maximal 30 % sein. Kein Wunder also, dass immer mehr Menschen an Übergewicht leiden. Doch Fett ist nicht gleich Fett: Je nach Aufbau unterscheidet man gesättigte, einfach ungesättigte und mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Während gesättigte Fettsäuren den Cholesterinspiegel erhöhen und zur Entstehung von Arteriosklerose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen beitragen können, haben ungesättigte Fettsäuren den gegenteiligen Effekt: Sie können den Cholesterinspiegel senken und wirken gegenüber Herz-Kreislauf-Erkrankungen präventiv. Gesättigte Fettsäuren kommen vorwiegend in tierischen Lebensmitteln vor: Butter, Schlagobers, Schweineschmalz und Käse sind typische Produkte. In pflanzlichen Lebensmitteln sind sie dahingegen kaum enthalten. Größere Mengen haben nur einige wenige pflanzliche Fette, vor allem Palm-, Kokos- und Kakaofett. Ganz anders sieht es bei den ungesättigten Fettsäuren aus: Sie kommen vorwiegend in pflanzlichen Ölen, Nüssen und Samen, Avocados und Oliven vor. Wie der Österreichische Ernährungsbericht zeigt, überschreiten 94 % der Österreicher:innen die wünschenswerte maximale Zufuhr von gesättigten Fettsäuren, während 90 % die wünschenswerte Zufuhr von mehrfach ungesättigten Fettsäuren nicht erreichen.

Fettzufuhr bei veganer Ernährung

Im Gegensatz zur Fettzufuhr von Allesesser:innen entspricht jene der Veganer:innen in der Regel den Empfehlungen der Fachgesellschaften. Studien zeigen meist einen Fettverzehr von rund 30 % oder sogar etwas weniger. Besonders interessant ist das Fettsäuremuster einer pflanzlichen Ernährung: Vegane Menschen verzehren vorwiegend ungesättigte Fettsäuren, während der Anteil an gesättigten Fettsäuren den empfohlenen Anteil von 10 % der Nahrungsenergie typischerweise nicht überschreitet. Zusätzlich nehmen Veganer:innen praktisch kein Cholesterin zu sich. Diese Faktoren tragen maßgeblich zu den deutlichen gesundheitlichen Vorteilen einer veganen Ernährung bei: Veganer:innen leiden nachgewiesenermaßen seltener an Arteriosklerose, einem hohen Cholesterinspiegel, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und weiteren chronischen Erkrankungen.

Aufgepasst bei Omega-3-Fettsäuren

Die meisten Fettsäuren können vom menschlichen Körper mit Hilfe von Enzymen hergestellt werden. Nicht jedoch die beiden mehrfach ungesättigten Fettsäuren Linolsäure (eine Omega-6-Fettsäure) und Alpha-Linolensäure (eine Omega-3-Fettsäure): Sie sind essenziell und müssen daher mit der Nahrung zugeführt werden. Linolsäure wird im Körper zu Arachidonsäure (Omega-6) umgewandelt, während Alpha-Linolensäure die Ausgangssubstanz für Docosahexaensäure (DHA, Omega-3) und Eicosapentaensäure (EPA, ebenfalls Omega-3) ist.

Arachidonsäure und EPA dienen wiederum als Vorstufen von Eicosanoiden. Dies sind Mediatoren, die an Entzündungsprozessen beteiligt sind. Während aus Arachidonsäure die entzündungsfördernden, gefäßverengenden Botenstoffe gebildet werden, entstehen aus den Omega-3-Fettsäuren Eicosanoide mit entzündungshemmenden, gefäßerweiternden und antithrombotischen Eigenschaften.

Die Umwandlungsrate von Alpha-Linolensäure zu den längerkettigen Omega-3-Fettsäuren ist jedoch gering: Bei Erwachsenen mit Mischkost beträgt sie von Alpha-Linolensäure zu EPA ca. 5 %, von EPA zu DHA sogar weniger als 0,5 %. Die Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren konkurrieren außerdem um dieselben Enzyme. Um mehr gesundheitsförderliche EPA und DHA aus Alpha-Linolensäure bilden zu können, muss die Zufuhr an Linolsäure niedrig gehalten werden. Alternativ kann man direkt EPA und DHA zuführen. Pflanzlich ist dies mit Hilfe von Algenöl oder Algenölkapseln möglich.

Omega-3-Zufuhr bei Veganer:innen

Da DHA und EPA vorwiegend in fettreichen Seefischen vorkommen, wurde bei Veganer:innen eine verringerte Zufuhr beobachtet. Gleichzeitig zeigen die Studien zum Teil nur geringe Unterschiede bei den Plasmakonzentrationen. Das lässt darauf schließen, dass eine geringe Aufnahme an EPA und DHA dazu führt, dass kompensatorisch mehr Alpha-Linolensäure in EPA und DHA umgewandelt wird.

Die Zufuhr an Omega-6-Fettsäuren ist bei einer veganen Kost meist sehr hoch, weil viele Öle wie Sonnenblumenöl, Maiskeimöl und Kürbiskernöl viel davon enthalten. Das Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3 liegt in der Regel bei 14–20 zu 1, was die Empfehlungen von 5 zu 1 deutlich übersteigt.

Empfehlungen für die Fettzufuhr

Pflanzliche Öle und andere Fettquellen wie Nüsse, Avocados und Oliven haben einen hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren und weisen eine deutlich günstigere Fettsäurenzusammensetzung als die meisten tierischen Lebensmittel auf. Sie sollten daher gegenüber tierischen Fetten bevorzugt werden. Als besonders gesundheitsfördernd gelten native Öle, bei deren Herstellungsprozess Früchte, Samen oder Kerne ohne Wärmezufuhr gepresst oder extrahiert werden. So bleiben Vitamine, mehrfach ungesättigte Fettsäuren und auch Geschmacksstoffe erhalten. Im Idealfall verwendet man sie für kalte Gerichte wie Salate. Zum starken Erhitzen sind dahingegen raffinierte Öle und Fette bestens geeignet.

Besondere Aufmerksamkeit soll der Zufuhr an Omega-3-Fettsäuren zukommen. Alpha-Linolensäure ist in Leinöl und Leinsamen, Hanföl und Hanfsamen, Walnussöl und Walnüssen, Chiasamen und Rapsöl enthalten. Bereits 1–2 Teelöffel Leinöl pro Tag reichen zur Bedarfsdeckung aus. Da es schnell ranzig wird, muss es kühl und dunkel gelagert und zügig verbraucht werden. Leinsamen sollten immer frisch geschrotet werden, damit die enthaltenen Omega-3-Fettsäuren gut verfügbar sind. Ein Esslöffel deckt in der Regel den Tagesbedarf an Alpha-Linolensäure. Um die Umwandlung in die längerkettigen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA zu fördern, sollte gleichzeitig die Zufuhr an Omega-6-Fettsäuren reduziert werden. Linolsäurereiche Öle wie Sonnenblumenöl, Maiskeimöl, Kürbiskernöl und Distelöl sollten also seltener auf den Tisch kommen.

EPA und DHA können auch auf direktem Wege in Form von Algenöl zugeführt werden. In Frage kommen Algenölkapseln oder mit Algenöl angereichertes Leinöl bzw. ähnliche Ölmischungen. Da DHA bei der Entwicklung der Hirn- und Nervenzellen sowie der Augen eine wichtige Rolle spielt, ist die Einnahme von Algenöl insbesondere Schwangeren, Stillenden und kleinen Kindern sehr zu empfehlen.

Von der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung und der Deutschen Gesellschaft für Ernährung gibt es keine Zufuhrempfehlungen für DHA und EPA, weder für Erwachsene noch für Kinder. Eine Ausnahme stellen lediglich Schwangere und Stillende dar, denen im Durchschnitt mindestens 200 mg DHA pro Tag empfohlen werden.

Von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) wird Erwachsenen die Zufuhr von 250 mg DHA und EPA angeraten. Während der Schwangerschaft und Stillzeit sollten zusätzlich 100–200 mg DHA eingenommen werden. Für Kinder bis zu 24 Monaten werden 100 mg pro Tag empfohlen. Für Kinder ab 2 Jahren gelten – wie bei Erwachsenen – 250 mg pro Tag.

Wissen: Fettaufbau

Fettsäuren sind Ketten aus Kohlenstoffatomen, an die Wasserstoffatome gebunden sind. Sie unterscheiden sich nach ihrer Länge und dem Sättigungsgrad.

Gesättigte Fettsäuren: Von gesättigten Fettsäuren spricht man, wenn an alle Kohlenstoffatome (im Inneren der Kohlenstoffkette) zwei Wasserstoffatome gebunden sind, also wenn diese mit Wasserstoffatomen „gesättigt“ sind. Sie sind reaktionsträge und bei Zimmertemperatur fest. Im menschlichen Stoffwechsel können sie auch aus Kohlenhydraten aufgebaut und müssen daher nicht mit der Nahrung zugeführt werden. Im Übermaß tragen sie zur Entstehung eines erhöhten Cholesterinspiegels und von Arteriosklerose bei, die wiederum Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen darstellen. Sie sind vorwiegend in tierischen Lebensmitteln wie Wurst, Käse und Eiern enthalten. Laut Österreichischer Gesellschaft für Ernährung sollen gesättigte Fettsäuren nicht mehr als ein Zehntel der täglichen Energieaufnahme liefern.

Einfach ungesättigte Fettsäuren: Sind nicht alle Kohlenstoffatome (im Inneren der Kohlenstoffkette) an zwei Wasserstoffatome gebunden, handelt es sich um ungesättigte Fettsäuren. Einfach ungesättigte Fettsäuren enthalten stattdessen eine Doppelbindung zwischen zwei Kohlenstoffatomen. Die bekannteste einfach ungesättigte Fettsäure ist die Ölsäure, die beispielsweise in Oliven- und Rapsöl enthalten ist. Im Stoffwechsel haben einfach ungesättigte Fettsäuren einen positiven Effekt auf den Cholesterinspiegel: Sie senken das schlechte LDL-Cholesterin und die Triglyzeridwerte, ohne das gefäßschützende HDL-Cholesterin zu reduzieren.

Mehrfach ungesättigte Fettsäuren: Mehrfach ungesättigte Fettsäuren liegen vor, wenn die Kohlenstoffkette mindestens zwei Doppelbindungen enthält. Hierzu zählen die essenziellen Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren. Sie schützen das Gefäßsystem und sind für das Blut-, Kreislauf- und Hormonsystem wichtig. Omega-6-Fettsäuren kommen in den meisten pflanzlichen Ölen vor, während gute Quellen für Omega-3-Fettsäuren unter anderem Leinöl, Hanföl und Walnüsse sind.

Trans-Fettsäuren: Trans-Fettsäuren sind ungesättigte Fettsäuren, die in tierischen Produkten wie Milch natürlich vorkommen, vor allem aber durch die lebensmitteltechnologische Fetthärtung entstehen. Künstliche Trans-Fettsäuren sind vor allem in frittierten Produkten, Backwaren und Fertigprodukten enthalten. Ein hoher Konsum kann sich ungünstig auf den Cholesterinspiegel auswirken und das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen.

Welches Fett und Öl zu welchem Zweck?

Rohkost und Salate: Öle, die reich an Omega-3-Fettsäuren sind, z. B. Leinöl, Walnussöl, Hanföl oder Chiaöl, dürfen nicht erhitzt werden, weil die wertvollen Fettsäuren sonst zerstört werden und krebserregende Zersetzungsprodukte entstehen. Diese Öle eignen sich daher besonders gut für die kalte Küche. Unraffinierten, nativen Ölen aus kalter Pressung ist der Vorzug zu geben.

Schonendes Anbraten: Für mäßige Temperaturen eignen sich Öle mit einem hohen Anteil an einfach ungesättigten Fettsäuren. Hierzu zählt vor allem Olivenöl, das auch im unraffinierten Zustand verwendet werden kann. Aber auch Rapsöl kann bei niedrigen bis mittleren Temperaturen eingesetzt werden.

Scharfes Anbraten und Frittieren: Raffinierte Öle und Fette mit einem hohen Anteil an gesättigten Fettsäuren oder einfach ungesättigten Fettsäuren sind relativ hitzebeständig. Empfehlenswert sind auch so genannte High-oleic-Öle, die im Biohandel angeboten werden. Hierbei handelt es sich meist um Öle von speziellen Sonnenblumensorten, die durch Züchtung einen hohen Ölsäureanteil haben. Trotz Kaltpressung vertragen sie sehr hohe Temperaturen.