Nichtstun ist keine Lösung

Nichtstun ist keine Lösung

13.09.2017

Hilal Sezgin
Nichtstun ist keine Lösung. Politische Verantwortung in Zeiten des Umbruchs.

ISBN 978-3-8321-9881-7
1. Auflage: Juli 2017
DuMont Buchverlag
160 Seiten
€ 14,40

Die Philosophin Hilal Sezgin ist als freischaffende Journalistin tätig, aber vor allem für ihr Engagement für Tierrechte bekannt. Von ihr stammen Werke wie „Artgerecht ist nur die Freiheit“ und „Hilal Sezgins Tierleben: Von Schweinen und anderen Zeitgenossen“. Jugendlichen und allen anderen, welche die Zusammenhänge zwischen Nahrung, Tiere und Umwelt verstehen wollen, sei das Buch „Wieso? Weshalb? Vegan! Warum Tiere Rechte haben und Schnitzel schlecht für das Klima sind“ ans Herz gelegt.

Gedanken über Veganismus, Umweltschutz und Wirtschaftssysteme

Ihr neuestes Werk trägt den Titel „Nichtstun ist keine Lösung. Politische Verantwortung in Zeiten des Umbruchs“ und macht zunächst nicht den Eindruck von Tieren und Veganismus zu handeln. Die Kurzbeschreibung am Buchrücken lässt eine Abhandlung über den Syrienkrieg, Rechtspopulismus und Arbeitsbedingungen in Niedriglohnländern vermuten. Während all diese Themen ihren berechtigten Platz im Roman finden, baut Hilal Sezgin an mehreren Stellen ihre Gedanken zum Veganismus ein. Auf den ersten Blick mag es so erscheinen, als ob die Autorin den Bezug zur pflanzlichen Lebensweise verstecken wolle. Doch gerade in diesem Punkt kann der große Mehrwert des Romans liegen. Einige Menschen, die vielleicht kein Buch in die Hand neben würden auf dem in großen Lettern das Wort „vegan“ abgedruckt ist, werden so in einem unterhaltsamen Schreibstil über die Themen Veganismus und Tierrechte informiert.

Nach einer mehrseitigen Kritik an unserem kapitalistischen Wirtschaftssystem und unseren unnachhaltigen Lebensstilen führt sie an, dass „eine ökologisch verträglichere Lebensweise, die zudem allen Menschen die Chance auf ein gutes Leben auf diesem Planeten bietet, damit einhergehen muss, dass wir keine Produkte tierischen Ursprungs konsumieren. Die Verfütterung von Getreide und Hülsenfrüchten ist, ernährungsphysiologisch gesehen, ein ganz schöner Umweg. (…) Doch bei allem Nutzen für die Umwelt und das menschliche Überleben: Wir sollten das Recht der Tiere auf Leben und Freiheit auch um ihrer selbst willen achten. Tiere sind empfindungsfähige und „eigen-willige“ Individuen; auch sie müssen Gegenstand moralischer und politischer Verantwortung werden.“ (Hilal Sezgin, S. 90 f.).

Gutmenschen und andere engagierte Menschen

Hilal Sezgin will mit „Nichtstun ist keine Lösung“ aber nicht vorrangig über aktuelle Themen informieren, sondern dazu motivieren, für die eigenen Überzeugungen einzustehen. Mit ihren Worten will sie Menschen darin unterstützen, ihren Mut in einer Welt voller Grausamkeiten nicht zu verlieren. Sie kämpft gegen die Behauptung, ein:e Einzelne:r könne die Welt nicht zu einem besseren Ort machen. Das sogenannte Gutmensch-Bashing ist ihr ein besonderer Dorn im Auge: Freiwillige Helfer:innen während des Flüchtlingsstroms im Herbst 2015 wurden von rechter Seite oft als Gutmenschen bezeichnet, wobei diese Bezeichnung nicht für die Würdigung ihres Engagements verwendet wurde, sondern zum Gegenteil: Die ehrenamtliche Arbeit wurde als unverantwortlich, unvollständig oder unnötig bezeichnet. Hilal Sezgin sieht in derartigem Verhalten unter anderem Abwehrmechanismen, die Menschen verwenden, um sich von einer inneren Stimme freizusprechen, die auch zu Engagement auffordert.

Hilal Sezgins Gedanken sind nicht abgehoben; sie behauptet nicht, dass von heute auf morgen die Welt zu einem paradiesischen Ort werden könne. Ihre Worte sind ehrlich und realistisch, wobei ein gewisser pessimistischer Unterton an manchen Stellen mitschwingt, dass nie alles rosig werden wird. Die Autorin nimmt sich kein Blatt vor den Mund, sie adressiert Probleme und fordert uns alle auf zu mehr Einsatzbereitschaft, Empathie und Enthusiasmus und so ein Teil der Lösung und nicht des Problems zu sein.