Eisen

Eisen

24.04.2014

Veganer:innen sind blass, müde und leiden unter Eisenmangel – so lauteten früher die gängigen Vorurteile. Die Aussage ist jedoch inzwischen längst überholt. Eisen gilt als weltweiter Mangelnährstoff und ein Defizit kann bei fleischessenden Personen genauso auftreten wie bei Ovo-Lakto-Vegetarier:innen oder Veganer:innen.

Eisen ist für den Menschen lebensnotwendig: Es ist Bestandteil vom Blutfarbstoff Hämoglobin, der in den roten Blutkörperchen vorkommt. Diese sind für den Transport von Sauerstoff in die Zellen verantwortlich. Werden sie nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt, sterben sie ab. Bei mangelhafter Eisenaufnahme kommt es daher langfristig zu Anämie (Blutarmut) und in weiterer Folge zu Sauerstoffmangel, der sich in Symptomen wie Müdigkeit, Konzentrationsschwäche und Kopfschmerzen manifestiert.

Wichtig für das Immunsystem

Eine weitere wichtige Rolle spielt Eisen bei der Immunabwehr: Eisen wird einerseits als Co-Faktor für die Bekämpfung von Erregern benötigt, andererseits sind Bakterien für ihr Wachstum auf Eisen angewiesen. Die Verfügbarkeit von Eisen für in der Zelle vorhandene Bakterien und den Menschen steht in einem fein regulierten Gleichgewicht. Studien haben gezeigt, dass sowohl ein Mangel als auch ein Überschuss an Eisen die Fresszellen des Körpers in ihrer Fähigkeit beeinträchtigt, bakterielle Erreger zu kontrollieren. Keinesfalls sollte daher zu viel Eisen – z.B. in Form von Supplementen - aufgenommen werden.

Bedarf

Täglich gehen dem Körper 1-2 mg Eisen über Haut und Harn verloren, die dem Körper über die Nahrung wieder zugeführt werden müssen. Da aber nur ein Teil des aufgenommen Eisens resorbiert werden kann, empfehlen die Ernährungsgesellschaften eine wesentlich größere Menge (10-15 mg). Bei einer europäischen Mischkost wird die Resorptionsrate auf 10-15 % geschätzt, bei rein pflanzlicher Ernährung liegt sie sogar noch niedriger. Daher muss bei veganer Kost insgesamt mehr Eisen mit der Nahrung zugeführt werden, um auf die gleiche resorbierte Eisenmenge zu kommen. Für Vegetarierinnen und Veganerinnen wird deshalb die Aufnahme von 27 mg Eisen pro Tag empfohlen. Für Männer, die kein Fleisch essen, liegt der Wert bei 18 mg. Die erschwerte Resorption wird aber dadurch kompensiert, dass Eisen in vielen verschiedenen pflanzlichen Lebensmitteln mit niedriger Energiedichte in bedeutender Menge vorkommt. Zudem steigt die Resorptionsrate an, wenn die Speicher entleert sind.

Vielfältige Quellen

Zu den eisenhaltigen Lebensmitteln zählen Hülsenfrüchte (Bohnen, Linsen, Erbsen, Kichererbsen), Vollkornprodukte (insbesondere Hirse und Vollkornbrot, das mit Sauerteig hergestellt wurde), die südamerikanischen Pseudogetreide Amaranth und Quinoa, Nüsse und Samen (Sesam, Mohn, Pistazien, Sonnenblumenkerne), Trockenfrüchte (Pfirsiche, Marillen, Feigen) sowie grünes Gemüse (Brokkoli, Grünkohl, Pak Choi).

Verfügbarkeit

Unterschieden wird also zwischen pflanzlichem und tierlichem Eisen. Letzteres wird auch als Hämeisen bezeichnet, da es bei menschlichen wie nicht-menschlichen Tieren im Blutfarbstoff Hämoglobin gebunden ist. Chemisch ausgedrückt liegt es als zweiwertiges Eisen (Fe2+) vor, während pflanzliches Eisen dreiwertig (Fe3+) ist. Zur besseren Resorption muss das dreiwertige pflanzliche Eisen erst zum zweiwertigen reduziert werden. Dies passiert mit Hilfe von Säuren. Besonders gut geeignet ist hierfür Ascorbinsäure, die auch als Vitamin C bekannt ist. Daher sollten zu pflanzlichen Eisenquellen immer Lebensmittel, die Vitamin C enthalten, konsumiert werden. Vitamin C kommt in praktisch allen frischen, rohen Obst- und Gemüsesorten vor, besonders reichlich in Paprika, Petersilie, Kiwi und Zitrusfrüchten. Vitamin C und andere organische Säuren in Obst und Gemüse können die Verfügbarkeit von Eisen um ca. das Fünffache erhöhen. Hemmend wirken hingegen Phytate (in Sesam und Vollkorn), aber auch Oxalate (Spinat, Mangold, Rhabarber), Ballaststoffe, Kaffee, Tee und Kalzium (deshalb sollen auch keine Kuhmilchprodukte zu eisenhaltigen Lebensmitteln verzehrt werden). Bestimmte Methoden der Nahrungsmittelzubereitung (beispielsweise das Einweichen und Keimen von Getreide und Samen, sowie Herstellung von Brot mit Sauerteig) können die Eisenresorption jedoch verbessern.

Frauenelement

Mit 1-2 Milliarden betroffenen Menschen gilt Eisenmangel gilt als der weltweit häufigste Nährstoffmangel. Da viel Eisen über die monatliche Blutung verloren geht, kommt ein Mangel bei Frauen besonders häufig vor. In europäischen Ländern sind 20-30% der menstruierenden Frauen betroffen. Eine nachweisbare Anämie haben allerdings nur 2-8%. Der Bedarf von Frauen ist daher auch um ein Drittel höher als bei Männern (27 mg für Veganerinnen vs. 18 mg für Veganer).

Spinat - altes Eisen?

Die Behauptung, Spinat sei außergewöhnlich eisenreich, gehört längst zum alten Eisen. Verschiedene Gerüchte zur Ursache dieses Irrtums kursieren: Einmal habe eine Sekretärin ein Komma falsch gesetzt, ein anderes Mal sei der Wert für die Trockenmasse fälschlicherweise dem frischen Spinat zugeschrieben worden. Wahr ist, dass Spinat zwar zu den eisenreicheren Gemüsesorten zählt, aber mit 3,3 mg/100 g weit unterhalb dem Eisengehalt vieler anderer Lebensmittel liegt (siehe Tabelle). Hinzu kommt, dass der Oxalsäuregehalt in Spinat sehr hoch ist. Oxalsäure bindet das Eisen und erschwert die Resorption somit erheblich.

Tipps für die Praxis

  • Viele eisenreiche Lebensmittel essen: Hülsenfrüchte, dunkelgrüne Gemüse (z.B. Grünkohl, Brokkoli, Pak Choi), Amarant, Quinoa und Hirse, Nüsse und Samen (z.B. Pistazien, Sesam, Sonnenblumenkerne), Trockenfrüchte, Melasse und Zuckerrübensirup 
  • Eisenreiche Lebensmittel immer mit Vitamin C kombinieren, z.B. in Form von rohem Obst oder Gemüse, frischen Kräutern oder einem Glas Orangensaft 
  • Vollkornbrot essen, das mit echtem Sauerteig zubereitet wurde (erhältlich vor allem in Bioläden; Roggenbrot wird – im Gegensatz zu Weizen etc. – immer mit Sauerteig hergestellt) 
  • Kaffee, schwarzen und grünen Tee nicht zu eisenreichen Lebensmitteln trinken, mindestens eine Stunde Abstand 
  • Eisenpräparate meiden, solange kein durchs Blutbild bestätigter Mangel vorliegt 
  • Bei Symptomen wie Müdigkeit und Konzentrationsschwäche ein Blutbild machen lassen 
  • (für Vegetarier:innen: Milchprodukte meiden, da das enthaltene Kalzium die Eisenaufnahme hemmt) 

Steckbrief Eisen

  • Wichtig für: Sauerstofftransport, Immunsystem 
  • Tagesbedarf: bei fleischloser Kost: 27 mg für Frauen, 18 mg für Männer (sonst: 15 mg für Frauen, 10 mg für Männer) 
  • Mangelerscheinungen: Anämie (Blutarmut), Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Kopfschmerzen, Beeinträchtigung der Immunfunktion, verringerte Schilddrüsenfunktion 
  • Überdosierung: ab ca. 100 mg/Tag 
  • Vorkommen: Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte, Amaranth, Quinoa, Hirse, grüne Blattgemüse, Nüsse und Samen, Trockenfrüchte, Melasse und Zuckerrübensirup 
  • Verfügbarkeit: fördernd wirken Vitamin C und Fruchtsäuren, hemmend Phytate (Sesam, Vollkorn), Oxalate (Rhabarber, Spinat, Mangold), Ballaststoffe, Kaffee, Tee, Kalzium 

Eisenhaltige Lebensmittel:

(Gehalt/100 g Lebensmittel)

Bierhefe: 17,6 mg
Ingwer: 17 mg
Schweineleber: 15,8 mg
Goabohne, getrocknet: 15 mg
Zuckerrübensirup: 13 mg
Sojamehl, vollfett: 12,1 mg
Weiße Rübe: 12 mg
Sojafleisch, getrocknet: 11 mg
Sesam: 10 mg
Mohn: 9,5 mg
Amaranth: 9 mg
Leinsamen: 8,2 mg
Quinoa: 8 mg
Kalbsleber: 7,9 mg
Pistazie: 7,3 mg
Hirse: 6,9 mg
Pfirsich, getrocknet: 6,9 mg
Weiße Bohne, getrocknet: 6,5 mg
Sonnenblumenkerne, geschält: 6,3 mg
Kichererbsen, getrocknet: 6,1 mg
Erbsen, getrocknet: 5,8 mg
Haferflocken: 5,8 mg
Tofu: 5,4 mg
Pinienkerne: 5,2 mg
Vollkornmehl: 4,7 mg
Marille, getrocknet: 4,4 mg
Kürbiskerne: 4,2 mg
Brennessel:4,1 mg
Rindfleisch: 2,26 mg
Schweinefleisch: 1,7 mg

Literaturhinweise:

AMERICAN DIETETIC ASSOCIATION, DIETITIANS OF CANADA. Position of the American Dietetic Association and Dietitians fo Canada. Vegetarian diets. Can J Diet Pract Res. 2003; 64 (2): 62-81.

DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR ERNÄHRUNG, ÖSTERREICHISCHE GESELLSCHAFT FÜRERNÄHRUNG, SCHWEIZER GESELLSCHAFT FÜR ERNÄHRUNGSFORSCHUNG, SCHWEIZERISCHE VEREINIGUNG FÜR ERNÄHRUNG: Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr, Umschau Buchverlag; 2000.

ELMADFA I, LEITZMANN C. Eisen. In: Ernährung des Menschen. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, 2004; 244-249.

LANGLEY G. Vegane Ernährung. Echo Verlag, Göttingen, 1999.