Tierversuche und Kosmetika

Tierversuche und Kosmetika

22.02.2021

Am 11. März 2013 trat endgültig ein EU-weites Gesetz in Kraft, das die Erzeugung und den Verkauf von Kosmetika verbietet, für die mit dem Endprodukt oder für einzelne Bestandsteile Tierversuche durchgeführt wurden. Dies betrifft ebenfalls importierte Waren aus Drittländern, die nur in der EU vertrieben werden dürfen, wenn diese Kriterien auf die Produktion im Drittland zutreffen. Eine Ausnahme lässt dieses Gesetz jedoch zu. Wenn ein Inhaltsstoff sowohl in Kosmetika als auch in anderen Produkten, wie etwa in Putz- und Waschmitteln, verwendet wird, fällt dieser unter die Chemikalienverordnung der EU (REACH-Verordnung), die eine Testung der Toxizität verlangt. Dies trifft auf etwa 90 Prozent der Bestandteile von Kosmetika zu. Folglich kann zwar ein Kosmetikprodukt ohne Tierversuche hergestellt werden, aber dennoch nicht gänzlich tierversuchsfrei sein.

Problematisches bei Tierversuchen im Allgemeinen

Zwar wurden Tierversuche für in der EU erzeugte und zum Verkauf kommende Kosmetikprodukte verboten, doch in anderen Industriezweigen sind sie nach wie vor gang und gäbe. Nicht nur in der Medizin und der Pharmaforschung, sondern auch in der Bekleidungsindustrie werden Tierversuche durchgeführt. Um etwa die Verträglichkeit von Textilfarben oder anderen Chemikalien zu überprüfen, werden diese Stoffe an Haut, Haaren und Augen von Tieren getestet oder ihnen sogar über die Atemwege und den Verdauungstrakt zugeführt. Doch egal für welche Branche die Tierversuche stattfinden, ist es umstritten, ob diese überhaupt eine Aussage über die Reaktion und die Verträglichkeit für den menschlichen Organismus liefern. Ärzt:innen innerhalb und außerhalb der EU haben bereits auf den Umstand hingewiesen, dass der Organismus von (nicht-menschlichen) Tieren auf gewisse Stoffe anders anspricht als jener des Menschen. So schreibt Dr.in Corina Gericke von „Ärzte gegen Tierversuche“:

„Tiere und Menschen unterscheiden sich hinsichtlich Anatomie, Physiologie und Stoffwechsel wesentlich voneinander. Selbst Tiere verschiedener Arten können auf Chemikalien und Medikamente ganz unterschiedlich reagieren. Nach der Durchführung eines Tierversuchs kann nicht vorausgesagt werden, ob Menschen genauso oder anders reagieren werden.“

Eine Verträglichkeit bei Mäusen beispielsweise schließt folglich noch lange keine negativen Reaktionen des Menschen auf diesen Stoff aus. Apropos Mäuse: Diese sind nach wie vor jene Spezies, an der die meisten Versuche durchgeführt werden. Genauso werden andere Nagetiere wie Ratten, Meerschweinchen und Kaninchen sowie Fische, Vögel und Schweine durch solche Experimente gequält. Ein weiteres Problem ist, dass in China mit Kosmetika von Unternehmen, die dorthin exportieren, automatisch Testungen an Tieren durchgeführt werden, da die dortige Gesetzeslage dies zur Zulassung vorsieht. Manche Unternehmen, die bewusst auf Tierversuche verzichten, haben sich jedoch dann wieder vom chinesischen Markt zurückgezogen, andere nicht.

Alternativen zu Tierversuchen

Heutzutage werden immer mehr Stimmen laut, die Tierversuche für längst obsolet erklären. Viel effizienter, kostengünstiger und zudem genauer seien Testverfahren, die kein Tierleid verursachen. Neben der Arbeit mit hochkomplexen Computermodellen und -berechnungen können ebenso Tests mit menschlichen Zellkulturen und Bakterien durchgeführt werden. Gerade für den Bereich der Kosmetik liegen bereits umfassende Analysen und Studien zu verschiedenen Stoffen vor, auf die zurückgegriffen werden könnte. Tierversuche wären somit gar nicht notwendig.

Tierversuchsfreie Kosmetika

Was bedeutet das für Veganer.innen? In unserem Artikel „Kosmetik und Pflegeprodukte“ haben wir bereits beschrieben, dass sich hinter manch harmloser Bezeichnung ein kosmetischer Bestandteil tierischen Ursprungs versteckt. Doch allein anhand der Deklaration der Inhaltsstoffe kann man nicht erkennen, ob dafür Tierversuche gemacht wurden.

Das V-Label mit der Zusatzbezeichnung „vegan“ (das in Österreich ausschließlich von uns, der Veganen Gesellschaft Österreich, vergeben wird) garantiert, dass alle Inhalts- und Hilfsstoffe vollständig deklariert werden und frei von tierischen Bestandteilen sind. Strenge Kontrollen der Produkte und der Produktion stellen sicher, dass alle Auflagen eingehalten werden, sodass die Bezeichnung „vegan“ gerechtfertigt ist.

Die Vegan-Blume (auch: Vegan Trademark) ist ein Siegel der britischen Vegan Society und gewährleistet, dass ein Produkt tierbestandteils- und tierversuchsfrei ist. Die Vegane Gesellschaft Österreich ist die Ansprechpartnerin für österreichische Unternehmen, die eine Zertifizierung mit der Vegan-Blume anstreben. Die Verleihung erfolgt jedoch ausschließlich durch die Vegan Society UK.

Beide Siegel können sowohl für Lebensmittel als auch für Kosmetika vergeben werden. Wird ein Produkt dadurch zertifiziert, befindet sich das entsprechende Siegel gut sichtbar auf der Verpackung.

Darüber hinaus gibt es verschiedene Websites, die Auskunft darüber geben, welche Produkte ohne Tierversuche hergestellt werden. Eine Liste von österreichischen Geschäften und Onlineshops findet sich etwa auf der Website animal.fair – ebenso als App erhältlich. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte zu sowohl biologischen als auch vegan-zertifizierten Produkten greifen. Ersteres gewährleistet, dass keine Chemikalien verwendet werden. Letzteres, dass keine Tierversuche durchgeführt wurden, keine tierischen Bestandteile enthalten sind und alle Inhaltsstoffe vollständig deklariert werden.

EU-Bürger:inneninitative gegen Tierversuche für Kosmetika

Bis 31.08.2022 konnte eine EU-Bürger:initiative unterschrieben werden, die ein Ende von wirklich allen Tierversuchen für Kosmetika fordert. Dabei soll erstens das Tierversuchsverbot für Kosmetika der EU geschützt und gestärkt werden, zweitens die EU-Chemikalien-Verordnung transformiert werden und die wissenschaftliche Forschung modernisiert werden. Insgesamt wurden 1,4 Millionen Unterschriften gesammelt, die notwendige Hürde von 1 Million wurde klar überschritten. Bevor Tierversuche vom Europäischen Paralament und der Europäischen Kommission verhandelt werden, sind die Unterschriften noch innerhalb von drei Monaten zu überprüfen. Danach entscheiden die höchsten Organe der EU über die Zukunft von Tierversuchen.