Ist Fisch notwendig für die Gesundheit?

Ist Fisch notwendig für die Gesundheit?

01.02.2022

Im Rahmen einer omnivoren Ernährung wird von den deutschsprachigen Fachgesellschaften zum Verzehr von ein bis zwei Portionen Fisch pro Woche geraten. Begründet wird diese Empfehlung hauptsächlich mit dem hohen Gehalt an langkettigen Omega-3-Fettsäuren, die das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen deutlich reduzieren können. Die starke Überfischung der Meere, der Einsatz von ökologisch bedenklichen Aquakulturen, die Belastung der Fische mit Schwermetallen und Antibiotikarückständen und nicht zuletzt die Tötung von leidensfähigen Lebewesen lassen jedoch viele Menschen daran zweifeln, dass Fisch eine gute Wahl sei – und stellen sich die berechtigte Frage: Geht es auch ohne?

Warum deutschsprachige Fachgesellschaften für Ernährung Fisch empfehlen

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) und die Österreichische Gesellschaft für Ernährung (ÖGE) empfehlen 1 – 2 Portionen Fisch pro Woche, was 150 – 300 Gramm fettarmem oder 70 – 140 Gramm fettreichem Fisch entspricht. Als Erklärung wird sein Gehalt an hochwertigem Eiweiß, Omega-3-Fettsäuren, Jod, Selen und Vitamin D genannt. Welche essentiellen Nährstoffe ein Fisch tatsächlich enthält, hängt jedoch stark von seiner Art ab: Während Jod in relevanten Mengen nur in Seefisch vorkommt, versorgen lediglich fettreiche Fische mit den langkettigen Omega-3-Fettsäuren Docosahexaensäure (DHA) und Eicosapentaensäure (EPA). Mit letzteren wird besonders gerne argumentiert, um die gängigen Fisch-Empfehlungen zu verteidigen. Sie wirken entzündungshemmend, verbessern die Fließeigenschaften des Blutes und können Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugen. Dabei wird jedoch ganz übersehen, dass es auch andere Möglichkeiten gibt, sich mit DHA und EPA zu versorgen.

Langkettige Omega-3-Fettsäuren

Während die deutschsprachigen Fachgesellschaften für Ernährung klare Empfehlungen hinsichtlich des Fischkonsums geben, sucht man in ihren Referenzwerten für die Nährstoffzufuhr vergeblich nach Hinweisen für die Aufnahme von DHA und EPA. Lediglich Schwangeren und Stillenden wird eine Zufuhr von mindestens 200 mg DHA pro Tag empfohlen, denn sie sind für die Entwicklung des Gehirns und der Sehfähigkeit notwendig. Anders die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA): Sie rät Kindern ab zwei Jahren sowie Erwachsenen, die weder schwanger sind noch stillen, zu einer Zufuhr von 250 mg DHA und EPA pro Tag (Schwangeren und Stillenden zu zusätzlichen 100 – 200 mg DHA). Diese Menge kann theoretisch – je nach Fischart – mit 1-2 Portionen fettreicherem Fisch abgedeckt werden. Fische stellen die wertvollen Fettsäuren jedoch nicht selber her, sondern reichern sie lediglich in ihrem Fleisch an. Die einzigen Lebewesen, die erhebliche Mengen an DHA und EPA produzieren können, sind Algen. Sie werden von Krill und kleineren Fischen gegessen, die wiederum größeren Fischen als Nahrungsquelle dienen. Es stellt sich also die Frage, wozu ein unökologischer Umweg über tote Tiere notwendig sein sollte, wenn Menschen auch die ursprüngliche Quelle direkt zuführen können. Algenöl gibt es in vielen Reformhäusern, in Apotheken und im Online-Handel entweder abgefüllt in Flaschen oder als Kapseln zu kaufen. Daneben kann der menschliche Organismus EPA und DHA in geringen Mengen selbst aus der Vorstufe Alpha-Linolensäure herstellen. Diese kommt unter anderem in Leinsamen und Leinöl, Chiasamen, Walnüssen und Walnussöl sowie Rapsöl vor. Die Umwandlungsrate ist allerdings gering. Es wird jedoch vermutet, dass eine geringe Aufnahme an EPA und DHA dazu führt, dass kompensatorisch mehr Alpha-

Linolensäure in EPA und DHA umgewandelt wird.

• Weitere Infos: www.vegan.at/fett

Hochwertiges Eiweiß

Die pflanzliche Ernährung enthält zahlreiche Proteinquellen wie Hülsenfrüchte, Tofu und andere Sojaprodukte, Getreide, Nüsse und Samen. Um eine hohe Eiweißqualität sicherzustellen, sollten im Laufe eines Tages verschiedene Proteinquellen verzehrt werden. Besonders gut eignet sich eine Kombination von Hülsenfrüchten und Getreide – beispielsweise in Form von Spaghetti mit Soja-Bolognese oder Reis mit Linsen-Dhal. So ergänzen sich die essentiellen Aminosäuren optimal und führen zu einer Proteinqualität, die sogar mit der eines Hühnereis vergleichbar ist. Aufgrund der etwas schwereren Verdaulichkeit von pflanzlichem Protein im Vergleich zu tierischem wird von einigen Autor:innen bei veganer Ernährung eine leichte Erhöhung der von den deutschsprachigen Fachgesellschaften empfohlenen 0,8 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag auf 0,9 Gramm angeraten. Wer täglich mehrere Portionen verschiedener Proteinquellen in den Speiseplan einbaut, braucht sich vor keinem Eiweißmangel fürchten.

Vitamin D

Fettreicher Fisch ist das Lebensmittel mit den mit Abstand höchsten Vitamin-D-Gehalten. Um ausreichend von diesem Nährstoff über fettreiche Fische zuzuführen, müsste man allerdings täglich 1-2 Portionen verzehren – und nicht, wie von ÖGE und DGE empfohlen, 1-2 Portionen pro Woche. Die Hauptquelle bleibt also für Allesesser:innen genau wie für Veganer:innen die Eigensynthese von Vitamin D in der Haut.

• Weitere Infos: www.vegan.at/vitamin-d

Jod

Die besten Jodquellen in der veganen Ernährung sind Meeresalgen mit moderatem Jodgehalt und jodiertes Speisesalz. Drei Nori-Blätter decken in der Regel den Tagesbedarf von 200 μg Jod. Ein Teelöffel jodiertes Speisesalz enthält 100 μg. Alternativ können auch Supplemente mit Jod versorgen.

• Weitere Infos: www.vegan.at/jod-selen

Selen

Zwei Paranüsse decken im Durchschnitt den Selenbedarf von 60 – 70 μg pro Tag. Steinpilze, Kohlgemüse, Spargel, Zwiebelgewächse, Hülsenfrüchte und Getreide können darüber hinaus – je nach Herkunft – gute Quellen darstellen.

• Weitere Infos: www.vegan.at/jod-selen

Fazit: Brauchen wir Fisch?

Die Antwort fällt eindeutig aus: Für eine gesunde, ausgewogene Ernährung ist kein Fisch notwendig. Alle Nährstoffe können problemlos über andere Quellen zugeführt werden. Zudem versorgt selbst Fisch nicht umfassend mit allen oben genannten Vitaminen und Mineralstoffen. Beispielsweise kann die empfohlene Fischzufuhr von 1-2 Portionen pro Woche den Vitamin-D-Bedarf nur zu ca. 15 % decken – und auch das nur im Fall von fettreichem Fisch. Welche Nährstoffe in welcher Dosierung enthalten sind, hängt stark von der Fischart ab: Jod kommt lediglich in Meeresfischen, Omega-3-Fettsäuren nur in fettreichen Fischen vor. Für einen Verzicht auf Fisch spricht neben ethischen und ökologischen Überlegungen die hohe Belastung mit Schwermetallen und anderen Schadstoffen.