Jod und Selen – wichtig für die Schilddrüse und das Immunsystem

Jod und Selen – wichtig für die Schilddrüse und das Immunsystem

12.10.2021

Jod und Selen gehören zu den essentiellen Spurenelementen. Das bedeutet, dass sie in nur sehr geringer Menge im menschlichen Körper vorkommen. Da sie aber wichtige Aufgaben erfüllen und wir sie nicht selbst herstellen können, müssen wir sie mit der Nahrung zuführen. Gemeinsam ist den beiden Nährstoffen, dass ihr Gehalt in den Lebensmitteln je nach Region erheblich variiert. Österreichische Böden sind sehr arm an Jod und Selen, was zu einem geringen Gehalt in pflanzlichen Lebensmitteln führt. Wer sich vegan ernährt, sollte daher gezielt auf die Aufnahme dieser beiden Spurenelemente achten.

Jod

Noch vor gut einem halben Jahrhundert herrschte in Österreich ein starker Jodmangel. Deshalb litten viele Menschen unter einer stark vergrößerten Schilddrüse, die umgangssprachlich als Kropf bezeichnet wird. Erst nachdem 1963 die Anreicherung von Speisesalz gesetzlich verankert wurde, gingen die Fälle deutlich zurück. Dennoch ist bis heute keine flächendeckende, adäquate Versorgung gewährleistet: Weltweit ist etwa ein Drittel der Bevölkerung von einer unzureichenden Jodzufuhr betroffen (Leitzmann und Keller, 2020). In Österreich erreichen laut Ernährungsbericht sogar 87 % der Menschen die Empfehlungen nicht (Österreichischer Ernährungsbericht, 2017).

Funktion und Bedarf

Jod ist Bestandteil der Schilddrüsenhormone T3 (Trijodthyronin) und T4 (Thyroxin) und besitzt damit eine zentrale Bedeutung für die Funktionsfähigkeit des Stoffwechsels. Alle Organsysteme des Menschen sind auf Jod angewiesen. Außerdem ist es für die Aufrechterhaltung der Körpertemperatur sowie die Teilung und das Wachstum von Zellen wichtig. Während die Weltgesundheitsorganisation WHO Erwachsenen eine Zufuhr von 150 µg pro Tag empfiehlt, raten Deutsche und Österreichische Gesellschaft für Ernährung zu einer etwas höheren Aufnahme von 200 µg.

Quellen und Versorgungsstatus von Veganer_innen

Der Jodgehalt von Lebensmitteln fällt sehr unterschiedlich aus. Er ist nicht nur stark vom Vorkommen in Boden und Wasser abhängig, sondern unter anderem auch davon, ob Jod dem Tierfutter zugesetzt und ob in der Lebensmittelverarbeitung jodiertes Speisesalz verwendet wurde. Hohe natürliche Gehalte finden sich fast ausschließlich in Meeresalgen und -tieren. Da Seefisch und andere Meerestiere hierzulande nur selten verzehrt werden, tragen sie nur wenig zur Jodversorgung bei. Geringere Mengen kommen auch in anderen tierischen Produkten, Brot und pflanzlichen Lebensmitteln vor (Leitzmann und Keller, 2020). Die Hauptquellen für Veganer_innen sind jedoch Meeresalgen und angereichertes Speisesalz. Mit diesen ist eine ausreichende Versorgung problemlos möglich.Wie verschiedene Studien zeigen, nehmen dennoch viele Veganer_innen zu wenig Jod auf. So fand beispielsweise eine erst kürzlich veröffentlichte Untersuchung aus Deutschland heraus, dass Veganer_innen mit den meisten Nährstoffen inklusive Vitamin B12 gut versorgt sind, mit Ausnahme von Jod. Während in Österreich der Großteil der Bevölkerung von einem Mangel betroffen ist, liegen in den meisten Studien sowohl die Zufuhr als auch der Jodstatus von Veganer_innen noch deutlich unterhalb jener von Mischköstler_innen und Vegetarier_innen. In ganz wenigen Fällen zeigten Veganer_innen allerdings eine extrem hohe Jodzufuhr, was auf den Konsum von sehr jodhaltigen Algen zurückzuführen ist. Als Fazit lässt sich also sagen, dass man mit einer veganen Ernährung problemlos die Empfehlungen zur Jodzufuhr erreichen kann, sich jedoch bewusst mit der eigenen Versorgung auseinandersetzen sollte, um sowohl eine Unter- als auch eine Überdosierung zu vermeiden.

Tipps zur Optimierung der Jodzufuhr:

  • Verwendung von jodiertem Speisesalz: Ein Teelöffel Salz enthält ca. 100 µg Jod, was der Hälfte der Empfehlungen der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung (200 µg) entspricht. Ein höherer Salzkonsum wird von den Fachgesellschaften zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen nicht angeraten. Stattdessen kann gelegentlich durch Meeresalgen und/oder Supplemente ergänzt werden. Anstelle von jodiertem Speisesalz kann auch ein mit Meeresalgen versetztes Meersalz genutzt werden.
  • Verzehr von Meeresalgen mit moderatem Jodgehalt: Geht man von einem durchschnittlichen Gehalt von 2700 µg Jod/100 g aus, decken 3 Nori-Blätter den Tagesbedarf. Da es sich um Naturprodukte handelt, kann der Jodgehalt jedoch erheblich schwanken (s. Tab. 1). Daher sollte der Jodgehalt auf der Verpackung immer kontrolliert werden. Bei vielen anderen Algenarten wie Arame oder Kombu kann es hingegen aufgrund des sehr hohen Gehalts auch bei geringem Verzehr theoretisch zu negativen Auswirkungen auf die Schilddrüse kommen.
  • Einnahme von Supplementen: Diese sollten maximal 200 µg Jod enthalten. Neben Jodtabletten gibt es auch Algenpresslinge mit definiertem Jodgehalt.

Tab. 1: Jod-Gehalte verschiedener Lebensmittel (nach Leitzmann und Keller, 2020)

Selen

Während amerikanische Böden reich an Selen sind und Getreideprodukte in Nordamerika somit gute Selen-Quellen darstellen, ist die Versorgung in Europa schwieriger. Mischköstler_innen nehmen Selen großteils über tierische Produkte auf, weil Tierfutter in der Europäischen Union mit Selen versetzt werden darf. Es gibt aber auch einige Pflanzen, die Selen stark anreichern können.

Funktion und Bedarf

Als Bestandteil antioxidativ wirkender Enzymen kommt Selen eine wichtige Rolle beim Schutz des Organismus vor Zellschädigungen durch Radikale zu. Auch für die Aktivierung von Schilddrüsenhormonen ist Selen notwendig, genauer gesagt für die Umwandlung von T4 in die eigentliche Wirkform T3. Zudem hilft es bei der Immunabwehr und dient als Spermien-Baustein. Der genaue Selenbedarf des Menschen ist jedoch unbekannt. Die deutschsprachigen Fachgesellschaften geben als Schätzwerte für eine angemessene Zufuhr 60 µg pro Tag für Frauen und 70 µg für Männer an.

Quellen und Versorgungsstatus von Veganer_innen

Zu den Pflanzen, die Selen sehr gut anreichern können, gehören Paranussbäume. In der Regel enthalten Paranüsse laut Untersuchungen zwischen 2,3 – 10,2 µg pro Gramm. Zwei Paranüsse decken somit den Tagesbedarf. Ihr Gehalt unterliegt jedoch starken Schwankungen – in Abhängigkeit von ihrer Herkunft können einzelne Nüsse den Tagesbedarf um ein Vielfaches übersteigen, andere liefern nur eine unbedeutende Menge. Sehr hohe Dosierungen wurden aber fast nur bei Paranüssen aus Brasilien gefunden Um die Aufnahme extrem hoher Selenmengen zu vermeiden, kann man Paranüsse aus Bolivien bevorzugen (Vegan-Klischee ade!, 2020). Daneben können auch Steinpilze viel Selen enthalten. Zusätzlich können Gemüse der Kohlfamilie wie Brokkoli und Weißkraut, Zwiebelgewächse wie Zwiebeln und Knoblauch sowie Spargel und Hülsenfrüchte zur Versorgung beitragen. Während Selen aus tierischen Lebensmitteln nur zu ca. 15 % verfügbar ist, kann es aus pflanzlichen Lebensmitteln deutlich besser absorbiert werden, nämlich zu 80 – 100 %. Dennoch zeigten mehrere Untersuchungen, dass der Selenstatus von europäischen Veganer_innen in der Regel niedriger ausfiel als bei Mischköstler_innen und oft auch unterhalb der als optimal geltenden Werte lag (Leitzmann und Keller, 2020). Ähnlich wie bei Jod ist es aber bei einer bewussten Beschäftigung mit der Thematik problemlos möglich, ausreichend Selen aufzunehmen.

Tipps zur Optimierung der Selenzufuhr:

  • Konsum von Paranüssen: Durchschnittlich können zwei Paranüsse den Tagesbedarf decken. Wenn möglich, sollten Paranüsse mit einer Kennzeichnung des Selengehalts gewählt werden. Paranüsse aus Bolivien bevorzugen, um die Gefahr einer Überdosierung durch brasilianische Paranüsse zu vermeiden.
  • Weitere Selenquellen in den Speiseplan einbauen: Steinpilze, Kohlgemüse, Zwiebelgewächse, Spargel, Hülsenfrüchte und Getreide können – je nach Herkunft – gute Quellen darstellen.
  • Einnahme von Supplementen: Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt eine Tagesmenge von 45 µg in Nahrungsergänzungsmitteln nicht zu überschreiten.

Tab. 2: Selengehalte verschiedener Lebensmittel (nach Rittenau, 2020):

Fazit

Dass Mischköstler_innen in den meisten Studien mit Jod und Selen besser versorgt sind als Veganer_innen, liegt daran, dass Tierfutter mit diesen Spurenelementen angereichert wird. Allesesser_innen nehmen also in der Regel unbewusst supplementiertes Jod und Selen über tierische Produkte auf. Statt dieser etwas umständlichen indirekten Supplementierung ist auch eine direkte Einnahme in Form von Nahrungsergänzungsmitteln oder angereicherten Lebensmitteln wie jodiertem Speisesalz möglich. Alternativ kann man auch auf vollwertige Lebensmittel setzen und sich über nährstoffreiche Produkten wie Meeresalgen und Paranüssen versorgen. In diesem Fall sollte man sich jedoch bewusst mit den jeweiligen Nährstoffgehalten und der optimalen Zufuhrmenge auseinandersetzen, um eine Überdosierung zu vermeiden.