Vegan is(s)t am günstigsten

Vegan is(s)t am günstigsten

05.01.2024

„Vegan? Das ist doch viel zu teuer!“ – ein oft gehörtes Vorurteil gegenüber der pflanzlichen Ernährung. Die steigende Inflation und hohe Lebensmittelpreise treiben vielen beim Einkauf die Sorgenfalten auf die Stirn. Und dann noch vegan? Kann sich das überhaupt jemand leisten? Ja! Eine aktuelle Studie, die im Auftrag des deutschen Umweltbundesamts durchgeführt wurde, kommt zu dem Ergebnis, dass eine ausgewogene vegane Ernährung sogar die kostengünstigste Ernährungsform darstellt.

Ob für preisbewusste Neugierige oder langjährige Veganer:innen – in Zeiten, in denen Menschen jeden Cent zweimal umdrehen müssen, lohnt es sich, der Frage nachzugehen: Wie viel zahlen wir wirklich für den veganen Einkauf? Und welchen Preis zahlt unsere Umwelt eigentlich für das, was wir täglich essen? Der Wirtschaftswissenschaftler Marco Springmann hat darauf Antworten gefunden. Er forscht an der Universität Oxford an der Schnittstelle zwischen Ernährung, Nachhaltigkeit und Gesundheit. Für das deutsche Umweltbundesamt haben seine Kolleg:innen und er die Kosten und Umweltauswirkungen verschiedener Ernährungsformen unter die Lupe genommen und erstaunliche Resultate erhalten.


Grafik adaptiert aus: Springmann 2023, S. 33.

Mit veganer Ernährung Geld sparen

Auf Basis der Planetary Health Diet, eines wissenschaftlichen Modells für eine gesunde und nachhaltige Ernährung, entwickelte das Team um Springmann verschiedene Ernährungsszenarien (flexitarisch; pescetarisch, das heißt kein Fleisch, aber Fisch; vegetarisch; vegan), die mit der durchschnittlichen Ernährung der Deutschen verglichen wurden. Die stärker pflanzenbasierten Ernährungsformen gingen im Preisvergleich, basierend auf Daten aus dem Jahr 2017, als klare Siegerinnen hervor: Mit nur 3,89 € konnte man 2017 einen Tag lang vegan essen, während man für die Lebensmittel einer durchschnittlichen Ernährung ganze 5,40 € auf den Tisch legen musste. Vegetarische und flexitarische Ernährung lagen in puncto Kosten dazwischen, während die pescetarische Ernährung sogar noch etwas teurer als die durchschnittliche Kost war.

Die Forscher:innen berechneten, dass sich mit der veganen Ernährung 15–28 % gegenüber der durchschnittlichen Ernährung sparen lassen. Eine vegane Ernährung, die besonders stark auf Getreide aufgebaut ist, zeigte sich als noch etwas günstiger als eine gemüsebetonte Kost. Springmanns Schlussfolgerung: „Viele gesunde und nachhaltige Ernährungsmuster sind für Verbraucher[:innen] erschwinglicher als die aktuelle deutsche Ernährungsweise“ (Springmann 2023, S. 17). Diese Ergebnisse machen deutlich: Vegane Ernährung ist absolut leistbar!


Grafik adaptiert aus: Springmann 2023, S. 30.

Umweltfolgen verschiedener Ernährungsweisen

Doch nicht nur die eigene Geldbörse profitiert von einer Wende Richtung vegane Ernährungsweise; auch für unsere Umwelt ist es von großer Bedeutung, was wir Menschen essen. Schließlich ist die Nahrungsmittelproduktion für ein Drittel der globalen Treibhausgasemissionen verantwortlich und benötigt ein Drittel der globalen Bodenfläche (Springmann 2023, S. 12). Einen besonders großen Anteil an diesen Umweltbelastungen hat die Produktion tierischer Nahrungsmittel (Springmann 2023, S. 21).

Die Prognosen, die Springmann und seine Kolleg:innen für die Zukunft anstellten, sehen düster aus, sofern sich an unserem Ernährungsverhalten nichts ändert: Würden sich im Jahr 2050 alle Menschen so ernähren, wie es dem Durchschnitt in Deutschland derzeit entspricht, so würden wir die Erde weit über ihre Belastungsgrenzen hinaus beanspruchen (Springmann 2023, S. 25) und dadurch auch menschliches Leben auf der Erde massiv gefährden.


Grafik adaptiert aus: Springmann 2023, S. 40.

Leider tut die europäische Politik ihr Übriges dazu, die negativen Umweltauswirkungen der Landwirtschaft zu verstärken, denn derzeit wird ungefähr die Hälfte der EU-Agrarsubventionen für die Produktion von Fleisch oder Milch ausgegeben (Springmann 2023, S. 17). Eine vegane Ernährung lässt die Umwelt dahingegen aufatmen. Allein der Ausstoß von Treibhausgasen würde durch pflanzenbasierte Ernährungsformen enorm reduziert: Bis zu 80 % der nahrungsbezogenen Emissionen könnten wir dadurch einsparen (Springmann 2023, S. 28). Mit pflanzlicher Ernährung wäre es ein Leichtes, die Menschheit umweltverträglich zu ernähren, im Jahr 2023 genauso wie im Jahr 2050 (Springmann 2023, S. 30). Mehr dazu findest du auch in unserem Artikel zu Ernährung und Klimakrise.

Auf Kosten unserer Gesundheit

Sowohl die Deutschen als auch die Österreicher:innen essen zu viel Fleisch und Milchprodukte (Springmann 2023, S. 16-17; AGES; Statistik Austria) – darunter leidet auch unsere Gesundheit, was sich in zahlreichen Zivilisationskrankheiten bemerkbar macht (Bruckner et al. 2023, S. 4). „Um umweltverträglich (und gesund) zu sein, müsste die Ernährung [...] deutlich pflanzenbasierter werden“, bringt es Springmann auf den Punkt (Springmann 2023, S. 16).

 


Grafik adaptiert aus: Springmann 2023, S. 37.

Politischer Handlungsbedarf

Die Ernährung der Zukunft soll hohen Ansprüchen genügen: Idealerweise soll sie ökologisch nachhaltig, gesund für den Menschen und dabei auch leistbar sein. Von diesen Zielen sind wir derzeit leider noch weit entfernt. Als Konsument:innen können wir tagtäglich die Entscheidung treffen, was auf unseren Tellern landet – doch es braucht auch den engagierten Einsatz der Politik. Marco Springmann schlägt die folgenden Maßnahmen vor, um eine Wende in Richtung pflanzenbasierte Ernährungsformen einzuleiten:

  • eine Anpassung der staatlichen Ernährungsempfehlungen: mehr Fokus auf pflanzliche Lebensmittel
  • günstigere Preise für pflanzliche Lebensmittel (die die Umwelt weniger stark belasten), um Kaufanreize für Verbraucher:innen zu schaffen
  • eine ökologische Reform der Agrarsubventionen auf EU-Ebene: stärkere Förderung der Produktion pflanzlicher Lebensmittel (Springmann 2023, S. 18.)

Nur wenn politische Entscheidungsträger:innen – auch in Österreich! – gezielt pflanzenbetonte Ernährungsformen fördern, kann unsere Ernährung auf lange Sicht nachhaltig und leistbar sein – für uns und unsere Erde.

Quellen:

Mehr zum Thema:

Teaserbild: @EKKAPON/stock.adobe.com
Grafiken: Andreas Stratmann, adaptiert aus Springmann, 2023.