Weg frei für eine vegane Kost im Bundesheer? – Gutachtliche Stellungnahme bestätigt Veganismus als Weltanschauung

Weg frei für eine vegane Kost im Bundesheer? – Gutachtliche Stellungnahme bestätigt Veganismus als Weltanschauung

22.11.2022

Aktuell wird in einer vom Soldaten Roland Faltejsek initiierten parlamentarische Bürger:inneninitiative vegane Kost im österreichischen Bundesheer gefordert. Sie wurde im Parlament eingebracht, dessen Petitionsausschuss eine Stellungnahme vom Bundesministerium für Landesverteidigung angefordert hat. Am 6. Dezember 2022 hätte das Thema weiterverhandelt werden sollen, wurde aber vertagt. Die nächste Sitzung des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen findet am 22. März 2023 statt.

In der Zwischenzeit haben wir dank der finanziellen Hilfe unserer Unterstützer:innen eine gutachtliche Stellungnahme in Auftrag geben können. Ebendiese Stellungnahme, formuliert vom Juristen Roman Friedrich, tätig am Institut für Staats- und Verwaltungsrecht der Universität Wien, liegt der Veganen Gesellschaft nun vor. Darin werden die rechtlichen Aspekte zu einer veganen Option im Bundesheer abgesteckt. Es geht dabei um die Frage, ob das österreichische Bundesheer dazu verpflichtet ist, seinen Soldat:innen vegane Kost zur Verfügung zu stellen.

Veganismus als Weltanschauung vom Staat zu schützen

Rechtlich bezieht sich die parlamentarische Bürger:inneninitiative auf Artikel 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention, die in Österreich im Verfassungsrang steht. Sie umfasst das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Neben Religionen sind davon auch Weltanschauungen umfasst.

Dabei ist der Veganismus als Weltanschauung zu betrachten, was Soldat:innen eine rechtliche Grundlage für eine vegane Option im Bundesheer gibt. Das bestätigt die gutachtliche Stellungnahme:

„Die Forderung nach der Zurverfügungstellung veganer Speisen beim ÖBH fällt jedenfalls dann in den Schutzbereich des Art. 9 EMRK, wenn der Veganismus als Weltanschauung ernsthaft, dauerhaft und konsistent vertreten wird.“

Eine vegane Lebensweise, die von Ernsthaftigkeit, Dauerhaftigkeit und Konsistenz geprägt ist, fällt somit in den Schutzbereich eines Grundrechts. Der Staat darf eine rein pflanzliche Ernährung als Ausdruck der Weltanschauung Veganismus nicht unterbinden. Zudem besteht mitunter eine Pflicht von staatlicher Seite, ebendiese geschützte Ernährungsform zu ermöglichen.

Vegane Kost als unzumutbare Last für das Bundesheer?

Zu beachten ist, dass es sich bei Artikel 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention um ein relatives Grundrecht handelt. Damit ist gemeint, dass Eingriffe in den Schutzbereich möglich sind. Die gutachtliche Stellungnahme meint dazu:

„Eine Beschränkung des Rechts auf Zurverfügungstellung veganer Speisen ist rechtfertigbar, wenn die Inanspruchnahme des Rechts unverhältnismäßig wäre und eine excessive burden für die militärischen Abläufe und Infrastrukturen nach sich ziehen würde.“

Im konkreten Fall bedeutet das also: Das Recht von veganen Soldat:innen könnte beschnitten werden, wenn die Zurverfügungstellung von veganen Speisen dem Bundesheer nicht zuzumuten wäre. Die gutachtliche Stellungnahme kommt daher zu folgendem Schluss:

„Ob eine solche excessive burden für das ÖBH in diesem Zusammenhang vorliegt, kann der Autor im Rahmen der ihm vorliegenden Informationen zum Sachverhalt nicht abschließend beantworten.“

Es müsste daher eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durchgeführt werden, durch die beurteilt werden könnte, ob dem Schutz einer veganen Weltanschauung im Rahmen einer veganen Verpflegungsoption nachgekommen werden muss.

Vegane Kost abseits des Grundrechts einführbar

Doch abseits der Frage, wie eine vegane Lebensweise grundrechtlich von Seiten des Staats zu schützen ist, könnte die Republik Österreich beziehungsweise ihr Bundesheer einen anderen Weg gehen und die Möglichkeit einer veganen Option über den politischen beziehungsweise administrativen Weg schaffen. Das wird auch in der gutachtlichen Stellungnahme unterstrichen:

„Unabhängig von der allfälligen grundrechtlichen Verpflichtung des Staates bzw. des ÖBH kann das Zurverfügungstellen veganer Speisen politisch bzw. administrativ veranlasst werden. Denkbar wäre neben einer (ausdrücklichen) bundesgesetzlichen Vorkehrung eine Verordnung von Bundesregierung oder BMLV oder eine Weisung der BMLV an das ÖBH.“

In diesem Sinn ist es auch eine Frage des Willens des Bundesheers, ob es die Weltanschauung seiner Soldat:innen respektiert und eine entsprechende vegane Verpflegung ermöglicht.

Interessiert? Lesen Sie die gutachtliche Stellungnahme nach.

Vegane Gesellschaft: Vegane Option im Bundesheer als erster Schritt

Von Seiten der Veganen Gesellschaft steht fest: Der Schutz von Umwelt, Klima und Tieren spricht klar für eine vegane Lebensweise. Menschen, die vegan leben und damit einen wichtigen Beitrag zu einer nachhaltigen Zukunft leisten, sollten von staatlicher Seite geschützt werden.

Eine vegane Option im Bundesheer ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Doch auch für alle anderen Menschen, die von der öffentlichen Verpflegung, beispielsweise in Schulen, Krankenhäusern und Altenheimen, abhängig sind, muss eine vegane Ernährung möglich sein. Wir setzen uns weiter dafür ein!

Wichtig: Unabhängig davon, ob Sie die Bürger:inneninitiative bereits mit Ihrer Unterschrift unterstützt haben, können Sie dem Parlament bis zum 22. März 2023 Ihre Zustimmung ausdrücken.