Vegucation im Lehrplan: Vegane Kochausbildung in der Ecole Güssing

Vegucation im Lehrplan: Vegane Kochausbildung in der Ecole Güssing

03.09.2025

In der Ecole Güssing wird in die Zukunft geschaut: Seit 2021 wird unser Vegucation-Programm in der Schule im Südburgenland mit großem Erfolg angeboten – sodass es inzwischen sogar in den regulären Lehrplan integriert wurde. Wir haben uns mit der Fachvorständin Verena Deutsch darüber unterhalten, wie erfolgreich die Ecole Güssing Vegucation umgesetzt hat.

Verena Deutsch beim Kochen mit einer Schülerin, die für die Vegucation-Prüfung zubereiteten Gerichte, die Prüfungskommission und die stolzen Schüler:innen mit ihren Vegucation-Zertifikaten
Verena Deutsch mit einer Schülerin, die für die Prüfung zubereiteten Gerichte, die Prüfungskommission (v. l. Direktorin Karin Schneemann, Fachvorständin Verena Deutsch und externer Prüfer Jochen Adorjan) sowie die stolzen Schüler:innen mit ihren Vegucation-Zertifikaten © Ecole Güssing

Hallo Verena! Was hat dich persönlich motiviert, unser Vegucation-Angebot an der Ecole Güssing einzuführen, und wie war die Reaktion des Kollegiums und der Schüler:innen?

Ich wollte unseren Schüler:innen eine Ausbildung bieten, die den Zeitgeist trifft – nachhaltig, gesund und zukunftsorientiert. Vegucation startete als Wahlfach, wurde sehr gut angenommen und ist heute fest im Regellehrplan der Vertiefung „Gesundheit und Umwelt“ verankert. Das Interesse an der Thematik war von Anfang an vorhanden und sowohl das Kollegium als auch die Schüler:innen waren offen für diese neue Erfahrung.

Wie ist der Unterricht praktisch gestaltet und gibt es bestimmte Schwerpunkte oder Rezepte, die besonders gut ankommen?

Im Unterricht verbinden wir Theorie mit kreativer Küchenpraxis. Der Speiseplan umfasst sowohl vegane Interpretationen österreichischer Klassiker als auch typische Gerichte der internationalen Küche – von Kaspressknödelsuppe und Apfelstreuselkuchen über Frühlingsrollen oder Chili sin Carne bis hin zu gebackenen Bananen und Brownies. Besonders beliebt sind die Spaghetti Bolognese sowie das Dubai-Schokoladendessert. Die Schüler:innen sind oft überrascht, wie vielfältig und geschmackvoll die vegane Küche sein kann, und sagen häufig, sie würden die Gerichte kaum von den klassischen Varianten unterscheiden können.

Welche Kompetenzen und Werte möchtest du den Schüler:innen im Rahmen des Vegucation-Programms vermitteln – über das Kochen hinaus?

Mir geht es nicht nur ums „Wie“ des Kochens, sondern auch ums „Warum“. Die Schüler:innen sollen ein Bewusstsein für globale Zusammenhänge entwickeln – etwa für die Auswirkungen unserer Ernährung auf Umwelt, Klima und Gesundheit. Werte wie Verantwortung, Respekt gegenüber Tieren, nachhaltiger Konsum und soziale Gerechtigkeit stehen im Zentrum. Auch Teamarbeit, Kreativität und kritisches Denken sind wichtige Kompetenzen, die wir fördern wollen.

Welche Herausforderungen begegnen dir bei der Integration pflanzlicher Küche in eine traditionell oft tierproduktlastige Ausbildung – und wie gehst du damit um?

Natürlich gibt es anfangs oft Skepsis, denn manche verbinden vegane Küche mit Verzicht oder sehen sie als Trend. Daher ist Aufklärungsarbeit wichtig. Ich setze bewusst auf den Geschmack und die Vielfalt der Gerichte, um Vorurteile abzubauen und Interesse zu wecken. Es braucht Geduld und ein offenes Ohr – aber mit der Zeit entsteht ein echter Perspektivenwechsel. Auch durch das gemeinsame Kochen verändert sich viel: Wenn Schüler:innen stolz auf ihr veganes Gericht sind und positives Feedback erhalten, steigt die Akzeptanz automatisch.

Wie wird die pflanzliche Küche von den Schüler:innen und deren Eltern aufgenommen?

Die Rückmeldungen sind überwiegend positiv. Viele Schüler:innen bringen bereits ein gewisses Interesse oder eigene Erfahrungen mit. Auch von Eltern hören wir oft, dass sie die Inhalte spannend finden und es schätzen, dass ihre Kinder lernen, vielfältig und ausgewogen zu kochen. In manchen Fällen wirkt die Ausbildung auch ins familiäre Umfeld hinein – sei es durch Gespräche oder das gemeinsame Ausprobieren neuer Rezepte.

ORF-Team, Schüler:innen der Ecole Güssing, Fachvorständin Verena Deutsch und die Schuldirektorin Karin Schneemann beim Dreh der Sendung „Guten Morgen Österreich“
Besuch des Guten-Morgen-Österreich-Teams in der Ecole Güssing © Ecole Güssing

Gibt es Rückmeldungen von Absolvent:innen, die das Zertifikat zur veganen Fachkraft erhalten haben – etwa im Hinblick auf ihre berufliche Laufbahn oder ihre persönliche Lebensweise?

Ja, und das ist für mich einer der schönsten Aspekte. Viele berichten, dass sie ihren Lebensstil verändert haben – sie ernähren sich gesünder, sind offener für Neues und bringen mit vegetarischen Alternativen mehr Abwechslung in ihren Speiseplan. Manche reduzieren bewusst ihren Fleischkonsum. Das zeigt, dass unsere Ausbildung nicht nur ein Zertifikat ist, sondern ein echter Impuls für persönliches Wachstum.

Wie siehst du die Rolle von Schulen und Bildungseinrichtungen generell in der Förderung einer nachhaltigen und gesunden Ernährung?

Eine zentrale Rolle: Schulen prägen nicht nur Wissen, sondern auch Haltung. Gerade im Bereich Ernährung können wir jungen Menschen Werkzeuge mitgeben, um informierte und verantwortungsvolle Entscheidungen zu treffen. Wenn Bildungseinrichtungen es schaffen, nachhaltige Ernährung nicht nur zu lehren, sondern auch zu leben, können sie echte Veränderung bewirken – im Kleinen wie im Großen.

Hast du Tipps für andere Schulen, wie die pflanzliche Küche in den Unterricht und/oder die Betriebsküche integriert werden kann?

Es braucht Mut, Neues auszuprobieren, aber auch Geduld und Durchhaltevermögen. Man kann klein anfangen – mit Workshops oder Projekttagen. Wichtig ist, Erfolgserlebnisse zu schaffen: Wenn Schüler:innen sehen, dass vegane Gerichte gut schmecken und Anklang finden, entsteht Begeisterung.

Was wünschst du dir für die Zukunft der veganen Ausbildung in Österreich – sowohl auf schulischer als auch auf gesellschaftlicher Ebene?

Ich wünsche mir mehr Offenheit – vor allem von der Gesellschaft. Dass pflanzliche Ernährung nicht sofort abgelehnt wird, sondern man bereit ist, ihr eine echte Chance zu geben. Oft geht es nur darum, Neues einfach mal zu probieren und sich darauf einzulassen – ohne Vorurteile. Denn erst dann kann man das Potenzial wirklich erkennen.

Gibt es noch ein persönliches Highlight im Zusammenhang mit Vegucation, von dem du uns erzählen möchtest?

Ein Highlight, das sowohl mir als auch unseren Schüler:innen bestimmt noch lange in Erinnerung bleiben wird, war der Besuch des ORF Burgenland im letzten Jahr. Sie begleiteten uns einen Vormittag lang beim veganen Kochen und Backen. Der Beitrag wurde in der beliebten ORF-Sendung „Guten Morgen Österreich“ ausgestrahlt.

Vielen Dank für das Interview, liebe Verena, und weiterhin viel Erfolg beim veganen Kochen und Backen!

Verena Deutsch ist Fachvorständin an der Ecole Güssing und setzt sich für die rein pflanzliche Ausbildung Vegucation ein. Durch den großen Erfolg nach der Einführung als Wahlfach im Jahr 2021 wurde die Ausbildung inzwischen in den Regellehrplan integriert.

Mehr zu Vegucation: vegucation.at

Website der Ecole Güssing: ecole.at