Fleischkonsum in Österreich sinkt langfristig – pflanzliche Alternativen boomen
Fleischkonsum in Österreich sinkt langfristig – pflanzliche Alternativen boomen
Die neuesten Zahlen der Statistik Austria für das Jahr 2024 zeigen: Der Fleischkonsum in Österreich hat mit 58 kg pro Kopf im Vergleich zu 2023 um 400 g zugenommen. Auch wenn die Schlagzeilen vorrangig diesen geringfügigen Anstieg thematisieren, ändert dies nichts am übergeordneten Bild: Der langfristige Abwärtstrend beim Fleischverbrauch ist ungebrochen.

Der Fleischkonsum in Österreich hat mit 58 kg pro Kopf im Vergleich zu 2023 um 400 g zugenommen, im Zehnjahresvergleich ist er jedoch um 10,7 % gesunken.
Nach dem historischen Höchststand von 68,4 kg pro Kopf im Jahr 2000 hat der Konsum von tierischen Produkten kontinuierlich abgenommen. Im Zehnjahresvergleich ist der Verzehr von Fleisch in Österreich um 10,7 % gesunken. Die Zahlen der letzten Jahre verdeutlichen, dass sich der Rückgang aktuell auf einem Plateau stabilisiert hat.
Auch andere tierische Produkte zeigen eine ähnliche Stagnation. Der Verzehr von Konsummilch blieb 2024 mit 66,9 kg pro Kopf unverändert, aber pflanzliche Milchalternativen sind längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen – und das, obwohl Pflanzendrinks nach wie vor mit 20 % statt 10 % höher als tierische Milch besteuert werden. Dies bestätigt: Der Fleisch- und Milchverzehr steht in Österreich nicht vor einer Trendwende – die Bevölkerung bewegt sich weiterhin in Richtung pflanzlich, auch wenn sich kurzfristige Stagnationen zeigen.

Der Verzehr von Konsummilch blieb 2024 mit 66,9 kg pro Kopf im Vergleich zum Vorjahr unverändert.
Preisgestaltung und Inflation als entscheidende Faktoren
Ein zentraler Grund für den minimalen Anstieg des Fleischverzehrs liegt in der wirtschaftlichen Entwicklung und Preisgestaltung. Die Inflationsrate hat sich in den vergangenen Jahren besonders bei Obst ausgewirkt, das sich stark verteuerte, während die Preise vieler Fleischsorten weitgehend stagnierten oder sogar abnahmen.
Besonders jene Fleischprodukte, deren Verkaufspreise im Jahr 2024 sogar gefallen sind, verzeichneten die stärksten Absatzsteigerungen: Im Vergleich zu 2023 nahm der Preis von Hühnerfleisch um 1,4 % ab und der Absatz im Einzelhandel daraufhin um 5,1 % zu. Auch Putenfleisch verzeichnete eine Preissenkung um 1 %, während der Absatz um 2,2 % stieg. Eine gegensätzliche Entwicklung zeigt sich beim Verkauf von Rindfleisch, der bei steigenden Preisen stagnierte. Dieser Zusammenhang lässt sich auch beim Absatz von Obst beobachten.
„Wir brauchen keine Subventionen für Billigfleisch, sondern endlich faire Rahmenbedingungen für pflanzliche Ernährung – das ist besser für Gesundheit, Klima und Tiere“, fordert Felix Hnat, Obmann der Veganen Gesellschaft Österreich.

Besonders jene Fleischprodukte, deren Verkaufspreise im Jahr 2024 sogar gefallen sind, verzeichneten die stärksten Absatzsteigerungen.
Auswirkungen der gestiegenen Geflügelproduktion
Ein weiterer Faktor ist die gestiegene Produktion von Geflügelfleisch in Österreich. Nach der Geflügelpest 2023 in Deutschland haben österreichische Betriebe ihre Produktion ausgeweitet, sowohl zur Deckung des Inlandsbedarfs als auch für den Export – etwa nach Deutschland, wo die Nachfrage weiterhin hoch ist. Die Bruttoerzeugung von Geflügelfleisch (die Menge der in Österreich gemästeten Tiere) stieg von 2023 auf 2024 um 6 % (Statistik Austria 2025), während die Exporte um 11 % zunahmen (AMA 2025).
Rekordzahlen beim Tourismus verstärken den Fleischkonsum
Auch der Tourismus trägt zum geringfügigen Anstieg des Fleischkonsums bei: 2024 verzeichnete Österreich mit 154,3 Millionen Nächtigungen von ausländischen Gästen einen neuen Höchstwert – und damit mehr als vor der Pandemie im Jahr 2019 (152,7 Millionen). Tourist:innen konsumieren in Österreich traditionell überdurchschnittlich viele Fleischgerichte, da sie ihren Aufenthalt häufig mit Restaurant- und Hotelbesuchen verbinden. Dort stehen Schnitzel, Schweinsbraten oder Würstel weit häufiger auf dem Speiseplan als im Alltag zuhause. Aufwendige Fleischgerichte oder geruchsintensive Zubereitungen wie Frittiertes sind in der Außer-Haus-Gastronomie besonders nachgefragt.

„Der Fleischkonsum stagniert auf niedrigem Niveau – das ist ein Signal, dass die Gesellschaft längst bereit für den Wandel ist. Jetzt braucht es mutige politische Schritte, um diese Entwicklung zu beschleunigen und den Trend zu pflanzlicher Ernährung zu unterstützen."
Felix Hnat, Obmann der Veganen Gesellschaft Österreich
Im Gegensatz dazu greifen Einheimische in den eigenen vier Wänden tendenziell zu pflanzlichen oder fleischärmeren Mahlzeiten: Mit 37 % ernährt sich bereits ein großer Teil der Bevölkerung flexitarisch und reduziert den Fleischkonsum aktiv. Das Kochverhalten der Bevölkerung unterstützt diesen Effekt: Ein Drittel der Österreicher:innen bereitet täglich frische Mahlzeiten zu, weitere 28 % kochen mehrmals pro Woche (IMAS International 2024). In Kombination mit dem rasanten Anstieg des Verkaufs von pflanzlichen Alternativen spricht das für mehr Pflanzliches auf den Tellern der Bevölkerung.
Dabei ist entscheidend, dass die Versorgungsbilanzen den Fleischverbrauch unabhängig von der Herkunft der Konsument:innen erfassen. Aktuell nächtigen jährlich in etwa gleich viele Österreicher:innen im Ausland wie Tourist:innen hierzulande, allerdings ist das Konsumverhalten maßgeblich: Während viele Einheimische ihre fleischärmeren Ernährungsweisen ins Ausland „mitnehmen“, wenn sie verreisen, verstärken Tourist:innen durch ihren erhöhten Fleischkonsum die hiesigen Verbrauchszahlen.
Pflanzliche Alternativen setzen den Aufschwung fort
Während der Fleischkonsum stagniert, boomt der Markt für pflanzliche Produkte weiterhin. Supermärkte berichten von zweistelligen Zuwachsraten bei pflanzlichen Fleischalternativen, die viele Preissenkungen und eine bessere Verfügbarkeit begünstigen. Im Gespräch mit der Kleinen Zeitung berichtet Nicole Berkmann von SPAR, dass die Eigenmarke SPAR Veggie mit einer Absatzsteigerung von 13 % die am stärksten wachsende Eigenmarke ist.
„Der Absatz der veganen Artikel ist um mehr als 80 % gestiegen. Die Gründe für die Steigerung sind der Ausbau der Sortimente und langfristige Preisanpassungen von ausgewählten pflanzlichen Produkten an tierische Vergleichsprodukte."
Michael Kunz, CEO von Lidl Österreich, im Magazin REGAL
Verena Wiederkehr, Head of Plant-Based Business Development bei BILLA, kann sogar eine Absatzsteigerung von mehr als 23 % bestätigen. Die Anzahl rein pflanzlicher Eigenmarkenartikel mit tierischem Pendant ist bei BILLA zwischen 2022 und 2024 von 349 auf 559 gestiegen – eine Erweiterung der pflanzlichen Produktpalette um satte 60 %.
Michael Kunz, der CEO von Lidl, spricht im Branchenmagazin REGAL (Ausgabe 8/2025) sogar von einem Absatzplus von 80 % bei veganen Produkten. Diese Entwicklung führt er auf den Ausbau des Sortiments und die langfristige Preisanpassung an tierische Vergleichsprodukte zurück. Mehr als 1.000 vegane Artikel zieren im Standardsortiment oder als Aktions- und Saisonware die Regale.
Trend zu pflanzlich ungebrochen
Die Daten der Statistik Austria zeigen eindeutig: Die kurzfristigen Effekte durch die Preisentwicklung von tierischen Produkten, die gesteigerte Geflügelproduktion oder der Tourismus können kleine Schwankungen im Fleischkonsum erklären, sie ändern jedoch nicht den übergeordneten Trend. Parallel wächst der Markt für pflanzliche Produkte weiterhin stark.
„Der Fleischkonsum stagniert auf niedrigem Niveau – das ist ein Signal, dass die Gesellschaft längst bereit für den Wandel ist“, betont Felix Hnat. „Jetzt braucht es mutige politische Schritte, um diese Entwicklung zu beschleunigen und den Trend zu pflanzlicher Ernährung zu unterstützen.“
Quellen
Statistik Austria. 2025. Versorgungsbilanzen für tierische Produkte.
Statistik Austria. 2025. Tourismus in Österreich.
RollAMA, AMA Marketing. 2025. Entwicklung der RollAMA Warengruppen.


