Das Leben der Hühner und Puten

Das Leben der Hühner und Puten

22.02.2021

Das sogenannte Haushuhn stammt vom Bankivahuhn ab, das noch heute in weiten Teilen Südostasiens in freier Wildbahn lebt. Die heutigen „Eierrassen“ wurden gezielt so gezüchtet, dass sie mehr Eier in kürzerer Zeit legen, wobei ihnen zugleich der Brutinstinkt gezielt weggezüchtet wurde. „Mastrassen“ von Hühnern und Puten setzen schnell viel Fleisch an – hauptsächlich im Brustbereich – was zu gesundheitlichen Problemen geführt hat.

Das natürliche Verhalten von Hühnern und Puten

Die natürliche Lebenserwartung von Haushühnern beträgt im Durchschnitt 10–15 Jahre. In der Tierhaltung wird aber ein Masthuhn nur 5–6 Wochen alt. Legehennen werden nach 1,5 Jahren geschlachtet. Männliche Küken von Legehennen leben sogar nur wenige Augenblicke ehe sie vergast oder lebendig geschreddert werden.

Hühner leben in Herden von variabler Größe mit einer festen Rangordnung, die Hackordnung genannt wird. Diese ergibt sich aus Geschlecht, Alter, Größe und hormonellem Status. Auch die Farbe und Form des Kamms, der Kehllappen und Ständer (= Beine) bestimmen die Stellung innerhalb der Herde. Bankivahühner gesellen sich in kleinen Gruppen mit einem oder seltener mehreren Hähnen zusammen. Manche dieser Gruppen bilden sich auch nur während der Paarungszeit und trennen sich dann wieder. Haushühner erkennen sich am Gefieder gegenseitig. Die Hackordnung funktioniert nur, wenn die Gruppe nicht zu groß ist. Ab 90 Hühnern gibt es häufiger Auseinandersetzungen, da sich nicht mehr alle Hühner untereinander kennen und deshalb keine stabile Rangordnung aufgebaut werden kann.

Entgegen häufiger Annahmen sind Hühner sehr intelligent. Sie kommunizieren mit über 30 verschiedenen Lauten. Viele Auseinandersetzungen bezüglich der Rangordnung werden in stabilen Gruppen nur verbal ausgefochten, wobei ranghöhere Tiere schlichtend eingreifen können. Die Hackordnung hat Auswirkungen auf die Nahrungsaufnahme, die Höhe des Schlafplatzes und auf den zur Verfügung stehenden Platz bei räumlicher Einschränkung. Ranghöhere Tiere erfüllen zugleich Aufgaben wie etwa die Feindesabwehr.

Für die Hygiene von Hühnern ist das Sand-, Staub- oder Erdbaden von wesentlicher Bedeutung. Einerseits wird damit die Struktur der Daunen aufrechterhalten, andererseits wirkt der Staub/Sand als Schutz vor dem Eindringen von Insekten ins Gefieder. Hühner verbringen den Tag am Boden. Sie scharren den Boden, um Nahrung zu finden. Hauptsächlich ernähren sie sich von Gras, Körnern, Würmern, Schnecken und Insekten, manchmal fressen sie auch Mäuse, Frösche und Eidechsen. Etwa die Hälfte des Tages verbringen Hühner damit, nach Nahrung zu suchen und zu picken. Zum Schlafen bevorzugen Hühner sichere Plätze, die vom Boden entfernt sind. Wildlebende Hühner als auch Haushühner mit der Möglichkeit dazu schlafen auf Bäumen.Das wildlebende Bankivahuhn legt und brütet im Jahr etwa 40 Eier aus. Hochgezüchtete Haushühner legen bis zu 300 Eier pro Jahr. Normalerweise hat eine Henne einen sehr starken Brutinstinkt, der aber den Legerassen durch gezielte Selektion weggezüchtet wurde.

Puten haben eine Lebenserwartung von 10–12 Jahre, werden aber meist mit 3–4 Monaten geschlachtet. Puten sind die domestizierte Form des wildlebenden Truthahns, der in Teilen Nord- und Mittelamerikas heimisch ist. In ihrem Sozialleben verhalten sie sich ähnlich wie Hühner. Puten leben in Gruppen von sechs bis 20 Tieren mit einer festen Hackordnung. Meist sind dies gemischte Gruppen mit weniger Hähnen als Hennen. Es gibt auch reine Männchengruppen. Puten ernähren sich am Lebensanfang von Insekten, später hauptsächlich von Pflanzen. Auch Truthähne schlafen bevorzugt auf Bäumen oder erhöhten Plätzen.

Geflügel in der Tierhaltung

Das Leben von Hühnern in der Tierhaltung gestaltet sich leider wesentlich anders. Heutzutage überwiegt die Verwendung von sogenannten Legerassen und Mastrassen. Selten finden sich Zweinutzungsrassen. Da die männlichen Küken von Legerassen für die Eierindustrie wertlos sind, werden sie sofort nach dem Schlüpfen in Massen getötet.

Durch spezielle Züchtungen produzieren Legerassen ca. 300 Eier pro Jahr. Zugleich wurde der Brutinstinkt weggezüchtet, wodurch die Hennen nicht auf den Eiern sitzen bleiben, um sie auszubrüten. Die Eierproduktion wird zusätzlich durch die Stimulierung mit Lichtimpulsen maximiert. Indem den Legehennen künstlich ein beschleunigter Tag-Nacht-Wechsel vorgespielt wird, legen sie mehr Eier.

Während in Österreich die Käfighaltung (mit Ausnahme von sogenannten "ausgestalteten Käfigen") verboten ist, ist sie in anderen Teilen der EU und der restlichen Welt noch weit verbreitet. Hennen haben dabei kaum den Platz eines DIN-A4-Blattes. Aber auch in Kleingruppenkäfigen von bis zu 60 Hennen und in der Bodenhaltung erhalten sie nur geringfügig mehr Bewegungsraum. In der Bodenhaltung ist es Gang und Gebe, dass bis zu 6.000 Legehennen in einer Halle gehalten werden. Ein Drittel des Raumes ist mit Einstreu versehen, der Rest besteht aus Gittern, Holz oder Plastik. Der einzige Unterschied von der Freiland- zur Bodenhaltung ist, dass die Hennen ins Freie können. Ungefähr vier Quadratmeter werden für eine Henne berechnet. Der Auslauf wird aber nur genutzt, wenn Unterschlupfmöglichkeiten gegeben sind. In der Bio-Haltung ist die Gruppengröße auf 3.000 Hennen beschränkt. Auf einen Quadratmeter Stallfläche kommen sechs statt neun Tiere. Aber auch diese Haltungsform entspricht nicht einmal den natürlichen Bedürfnissen der Hennen. Dafür sind die Gruppengrößen zu hoch sowie die Rahmenbedingen durch Platz, Untergrund etc. nicht gegeben.

Durch die Maximierung der Eierproduktion leiden die Legehennen an Gelenksschmerzen und Arthritis, Verformungen der Knochen und Gelenke, Muskelschwäche und Herzversagen. Ein weiteres Symptom ist Osteoporose, da für die Erzeugung des Eies und der Eierschale Mineralstoffe aus den Knochen der Hennen herausgezogen werden. Mastrassen wurden so gezüchtet, dass sie möglichst schnell im Brustbereich Fleisch ansetzen. Dies hat aber erhebliche gesundheitliche Konsequenzen. Viele Masthühner können ihr eigenes Gewicht nicht mehr tragen und fallen um. Andere leiden an Gelenksschmerzen oder gar -deformierungen. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Fettleber, Wirbelsäulenverkrümmungen und viele weitere Symptome entstehen durch die Überzüchtung und die Haltung auf zu kleinem Raum.

Laut Vorschriften können 26 Masthühner auf einem Quadratmeter gehalten werden, wodurch jedem Tier gerade einmal der Platz von etwas mehr als einem DIN-A5-Blatt zukommt. Masthühner werden in Gruppen von bis zu 10.000 Tieren gehalten, was die Etablierung einer natürlichen Rangordnung verhindert. Zugleich ist meist nur ein Drittel der Fläche mit Einstreu bedeckt. Der Rest ist Beton oder gar Gitter, was für die Hühner schmerzhaft ist. Unter diesen qualvollen Haltungsbedingungen werden die Hühner aggressiv und gereizt, attackieren sich gegenseitig, reißen einander die Federn aus und picken einander blutig.

Damit sich sowohl Legehennen als auch Masthühner nicht oder weniger schwer gegenseitig verletzen, werden ihnen schon nach dem Schlüpfen die empfindsamen, mit Nerven durchzogenen Schnäbel kupiert. Entweder werden sie mit den Schnäbeln gegen heißes Metall gedrückt oder sie werden ihnen mit heißen Messern abgeschnitten. Für die Hühner ist dies äußerst schmerzhaft, da dies ohne Betäubung geschieht, die Schnäbel aber eines der empfindlichsten Tastinstrumente von Hühnern sind.

Puten werden wie Masthühner ihres Fleisches wegen gezüchtet. In Hallen werden sie nach Geschlechtern getrennt gehalten, mehrere Tausend Puten pro Halle. Sie leiden unter den gleichen Symptomen wie Masthühner und können ebenfalls ihren natürlichen Bedürfnissen nicht nachgehen.

Das Lebensende

In Österreich wurden im Jahr 2015 laut Statistik Austria 80 Millionen Brat-, Back- und Suppenhühner geschlachtet. Masthühner werden mit 5–6 Wochen getötet. Legehennen werden nach 1,5 Jahren ausrangiert, weil dann ihre Legeleistung abnimmt und sie nicht mehr rentabel sind. Diese kommen dann als Suppenhühner in den Handel. Puten sind zum Zeitpunkt der Schlachtung 3–4 Monate alt.

Nach der Einlieferung ins Schlachthaus werden Hühner und Puten entweder mit einem Kohlendioxidgemisch betäubt. Dadurch ersticken die Tiere. Sie werden aber nicht sofort ohnmächtig, sondern sind etwa eine Minute lang bei Bewusstsein. Manche Tiere erleiden Fehlbetäubungen, wodurch sie das folgende Durchschneide der Halsschlagadern sowie das Ausbluten miterleben. Bei der anderen Variante werden die Hühner und Puter an den Beinen an einer Förderkette aufgehängt. Viele erleiden dabei Knochenbrüche, weil dies alles andere als sanft und unter Zeitdruck passiert. Sie werden mit den Köpfen in ein Elektrowasserbad getaucht. Insbesondere Puten, aber auch Hühner, können der Betäubung entgehen, indem sie die Köpfe nach oben ziehen. Dann werden ihnen die Halsschlagadern durchgeschnitten. Nach dem Ausbluten folgt das Eintauchen in siedendes heißes Wasser, damit sich später die Federn besser lösen. Selbst da sind manche der Hühner und Puten noch bei Bewusstsein!

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