Zoo: Tierstudien

Zoo: Tierstudien

13.09.2016

Jessica Ullrich (Hg.)
Zoo: Tierstudien 07/2015

ISBN 978-3958080003
1. Auflage: April 2015
Verlag: Neofelis
178 Seiten
€ 12,00

Inwiefern erfüllt der Zoo seine vielfach propagierte Bildungs- und Artenschutzfunktion? Oder ist der Zoo vielmehr zu einer Unterhaltungsstätte geworden oder war schon immer und agiert wie andere Unternehmen unter der Prämisse der Gewinnmaximierung? Welche Alternativen zu Zoos gibt es und sind Formen wie Ökotourismus wirklich das Ideal?

Die im Neofelis Verlag erschiene Ausgabe „Zoo“ der „Tierstudien“ ist eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der Thematik Zoo in all seinen Facetten und umfasst 12 Beiträge, gegliedert in Zookonzeptionen, Zoopolitik, Zoo als Lebensraum, Zoogeschichten, Zoo als Bühne und eine künstlerische Position. Somit werden zahlreiche Aspekte des Konzepts Zoo beleuchtet und nicht nur die Frage, ob Tiere in Zoos gehalten werden dürfen und wie es diesen in der Realität ergeht.

Interessant ist vor allem der geschichtliche Überblick über die Entstehung und Entwicklung von Zoos. Sogenannte Menschenzoos oder Völkerschauen waren bis Mitte des 20. Jahrhunderts eine beliebte Form der Ausstellung von nicht-europäischen Menschen. Die Nationalsozialisten spielten bei der Errichtung von deutschen Zoos eine wichtige Rolle, ein Faktum, dass die meisten Zoos heute zu ignorieren versuchen. Ab der Machtergreifung der NSDAP im Jahr 1933 wurden Zoogründungen mit enormen Summen an öffentlichen Finanzmitteln gefördert. Die Zoos wurden von den Nationalsozialisten zu Propagandazwecken und Darstellung der Rassenkunde und Vererbungslehre verwendet.

Mittels Fallstudien wird der Zoo als realer Lebensraum erforscht. Ein Vergleich des Regenwaldhauses im Züricher Zoo und Tiergarten Schönbrunn stellt den enormen finanziellen und technischen Aufwand dar, der zur Konstruktion von Mensch-Tier-Beziehungen auf sich genommen wird.

„Tierstudien“ erscheint seit 2012 halbjährlich im Neofelis Verlag und ist die erste Zeitschrift im deutschsprachigen Raum, die sich mit Mensch-Tier-Beziehungen auseinandersetzt. Ein Charakteristikum des relativ neuen Forschungsfelds Animal Studies ist dessen Interdisziplinarität und so wird das jeweilige Leitthema der „Tierstudien“ aus mehreren verschiedenen Blickwinkeln und Forschungsansätzen beleuchtet. Vergangene Themen waren etwa Tiere und Unterhaltung, Tierversuche und Tierliebe.

Auszug:

„Für John Berger ist der Zoo bekanntlich ein Denkmal für die Unmöglichkeit einer Begegnung zwischen Mensch und Tier. Seiner Überzeugung nach verzerren Zoos unsere Sicht auf Tiere völlig, da sie eine Situation schaffen, in der Menschen etwas ansehen, was absolut marginal geworden ist. […] Tiere werden kategorisiert, kontrolliert und zur Schau gestellt, um ein bestimmtes, oft ideologisch gefärbtes Wissen über Tiere zu vermitteln. Dabei darf jedoch nicht vergessen werden, dass in dieser diskursiven und räumlichen Rahmung reale Tiere leben, fühlen und agieren. Deren Handlungs- und Wirkmacht herauszuarbeiten, könnte eine Aufgabe zukünftiger Zooforschung sein. Es ist jedenfalls zu vermuten, dass der Zoo in seiner jetzigen Form als Institution umso fragwürdiger wird, je mehr Wissen über seine Bewohner_innen generiert wird.“

Fazit: „Zoo“ ist eine große Empfehlung für alle, die sich intensiv mit dem Thema in all seinen Facetten beschäftigen möchten. Die Beiträge sind auf hohem wissenschaftlichen Niveau verfasst und geben einen sehr guten Einblick in die Verbindungen von Zoo und den jeweiligen Disziplinen wie Geschichte, Kunst, Literatur, Ethik und Tierhaltung.