Politische Maßnahmen zur Förderung einer pflanzlichen Ernährung auf kommunaler, regionaler und nationaler Ebene – ein Leitfaden
Politische Maßnahmen zur Förderung einer pflanzlichen Ernährung auf kommunaler, regionaler und nationaler Ebene – ein Leitfaden
In England können bestimmte Personengruppen über eine staatliche Guthabenkarte Früchte, Gemüse und Hülsenfrüchte einkaufen. In Finnland ist Ernährungsunterricht in der Schule seit Jahren Standard. In Portugal ist die Bereitstellung veganer Gerichte in öffentlichen Kantinen verpflichtend. In Österreich passiert von staatlicher Seite dahingegen noch wenig.
Um politischen Entscheidungsträger:innen, aber auch engagierten Akteur:innen eine Orientierung im Prozess der Ernährungswende zu bieten, hat der Verein NAHhaft kürzlich ein durch die deutsche Bundesregierung gefördertes Strategiepapier veröffentlicht. Darin sind zehn Empfehlungen zur Förderung pflanzenbasierter Ernährung ausgeführt, begleitet von einer Liste an Beispielen aus der Praxis. Die Autorinnen möchten damit auf die dringende Notwendigkeit hinweisen, ein Regelwerk bereitzustellen, das dabei unterstützt, Ernährungsumgebungen bereichsübergreifend zu gestalten. Mit den vorgestellten Initiativen und Programmen möchte der Verein Entscheidungsträger:innen zum Nachahmen animieren und dazu einladen, von bereits umgesetzten Maßnahmen zu lernen.
Die Notwendigkeit eines Strategieplans zur Orientierung
Der Ausgangspunkt des Berichts ist die bedeutende Rolle einer pflanzlichen Ernährung für Umweltschutz, Klimawandel und Gesundheit. Die Autorinnen möchten zeigen, wie politische Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen – von international bis kommunal – aussehen können. Bereits vorhandene politische Instrumente und umgesetzte Projekte, die die Verwirklichung einer nachhaltigen Ernährung auf unterschiedliche Weise fördern, sollen inspirieren und zum Handeln motivieren.
In Europa werden aktuell verschiedene politische Strategien zur Förderung einer pflanzenbasierten Ernährung verfolgt. Zu den größten Programmen zählen etwa der Europäische Grüne Deal, in dem Ziele für Umweltschutz und Nachhaltigkeit festgelegt wurden, und die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP), die die Bedeutung von Hülsenfrüchten betont. Auch die Farm-to-Fork-Strategie zielt darauf ab, das Ernährungssystem gesünder und umweltfreundlicher zu gestalten, indem die Reduzierung des Fleischkonsums und der Einsatz von umweltfreundlichen pflanzlichen Fetten gefördert werden. Die Programme Food 2030 und Horizon Europe bieten Mittel für Forschung und Innovation in Richtung pflanzenbasierter Ernährung. Teilweise greifen diese Maßnahmen jedoch noch zu kurz oder reichen nicht bis auf die relevanten Ebenen.
So kann’s gehen – 10 Empfehlungen plus Praxisbeispiele
Hier können Sie durch die zehn politischen Handlungsmaßnahmen blättern, die im Bericht als die wichtigsten zusammengefasst werden. Die ersten beiden Punkte stellen Empfehlungen für eine politische Strategien und Haltung dar, die Maßnahmen 3 – 10 beziehen sich auf politische Instrumente zur Förderung der pflanzenbasierten Ernährung. Die Einflussnahme der politischen Instrumente, wird nach unten hin stärker (Maßnahme 10 hat den stärksten Einfluss).
1. Strategie: Förderung auf allen Ebenen
- pflanzenbasierte Ernährung auf kommunaler, regionaler, nationaler und internationaler Ebene fördern
- dazu Maßnahmen in den Bereichen Ernährung, Nachhaltigkeit, Umwelt oder Gesundheit aufnehmen
- entsprechende Maßnahmen zielgerichtet voranbringen
2. Strategie: Treffen von Vereinbarungen und Lernen von anderen
- von bereits vorhandenen Strategien lernen
- Prozesse, die bei der Strategiebildung anderer Akteur:innen relevant waren, können als lehrreiche Erfahrung dienen
- insbesondere auf kommunaler Ebene können das Lernen von anderen Akteur:innen und die Umsetzung von bestehenden Vereinbarungen dabei helfen, schnell und zielgerichtet erprobte Maßnahmen kennenzulernen und zu implementieren
Bestehende Vereinbarungen:
- Milan Urban Food Policy Pact
- C40 Good Food Declaration
3. Maßnahme: Datenerhebung und Monitoring
- Grundlage, um wirksame Maßnahmen zur Förderung pflanzenbasierter Ernährung entwickeln zu können
- relevante Daten sind Ernährungsstatus, Ernährungswissen, Ernährungsverhalten, Ernährungsumfelder, Ernährungsweisen, ernährungsmitbedingte Krankheiten und soziale Ungleichheit bzw. Ernährungsarmut
- können u. a. der Zielausrichtung, Evaluierung und Anpassung bzw. Abschaffung von Maßnahmen sowie der Transparenz dienen
- England: breite, ausgiebige Datenanalyse des Ernährungssystems im Rahmen der Entwicklung der nationalen Ernährungsstrategie
- Dänemark: Datenerhebung konnte auch die Akzeptanz von Maßnahmen in der Bevölkerung steigern: vorausgehende Kalkulation des ökonomischen Nutzens der Befolgung der Leitlinien und mediale Verbreitung der Ergebnisse steigerten Akzeptanz der Leitlinien in dänischer Bevölkerung
4. Maßnahme: Informationskampagnen
- Instrument, um Akzeptanz von darauffolgenden härteren Maßnahmen zu vergrößern
- Wirksamkeit wird erhöht, wenn Informationskampagnen mit verhaltensökonomischen Instrumenten wie Nudging kombiniert werden
- in vielen Ländern sind Kampagnen Teil eines größeren Förder- bzw. Bildungsprogramms
- Kampagnen können mit einem kreativen Werbekonzept von einer breiten zivilgesellschaftlichen und privatwirtschaftlichen Unterstützung profitieren
nationale Kampagnen für einen verstärkten Obst- und Gemüsekonsum, insbesondere bei Kindern:
- Dänemark:6 am Tag
- Niederlande: SchoolGruiten
- Deutschland: 5 am Tag
- Ungarn:
- Spanien: 5 al dia
- Frankreich: Un fruit pour la récré
- Italien: Fruit 4 U
- Irland: Food Dudes
Profitiert von kreativem Werbekonzept:
- England: Kampagne Eat them to defeat them, Kampagne für Schüler:innen; nutzt ein auf Kinder zugeschnittenes motivierendes Werbekonzept, das von der traditionellen 5-am-Tag-Botschaft wegführt; Organisation VegPower ging mit britischem TV-Sender Partnerschaft ein; wurde von Prominenten, der Regierung, Cateringunternehmen und weiteren Medienkanälen unterstützt; insgesamt 3.850 Schulen beteiligt; über die Hälfte der Eltern, deren Kinder an der Kampagne teilnahmen, sagten, dass diese danach mehr Gemüse verzehrten
5. Maßnahme: Ernährungsleitlinien
- laut neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen sollten Ernährungsleitlinien empfehlen, mehr pflanzliche Lebensmittel zu essen, um sowohl unsere Gesundheit zu fördern als auch die Umwelt besser zu schützen
- einige weisen auf gesundheitliche Vorteile einer vegetarischen Ernährung hin (u. a. die Niederlande, der Nordische Rat, Norwegen und Portugal)
- acht Ernährungsstandards (u. a. aus Dänemark, Finnland, den Niederlanden, Schweden und vom Nordischen Rat) weisen auf die ökologischen Vorzüge pflanzenbasierter Ernährung hin
- Nordic Nutrition Recommendations: (Dänemark, Finnland, Island, Norwegen, Schweden, Färöer-Inseln, Grönland und Åland): betonen, dass pflanzliche Ernährung zu einer Halbierung der Klimawirkung unserer Ernährungsweise führen kann und keine anderen Lebensmittelgruppen die Umwelt so stark beeinflussen wie Fleisch- und Milchprodukte
- Dänische Veterinär- und Lebensmittelbehörde: offizielle Ernährungsleitlinien enthalten Empfehlungen für gesündere Ernährung sowie erstmals auch eine Erklärung, wie eine klimafreundlichere Ernährung aussieht (mit reichlich pflanzlichen Zutaten, mehr Gemüse und Obst und weniger Fleisch, dafür Hülsenfrüchten und Fisch)
- Gesundheitsrat der Niederlande: Beratungsgremium, das Minister:innen und Parlament berät, hat 2015 neue Ernährungsleitlinien entwickelt; zielt sowohl auf gesunde, aber explizit auch auf ökologisch nachhaltige Ernährungsweise ab; Auswirkungen von Lebensmitteln auf die Umwelt wurden den Empfehlungen der Planetary Health Diet entsprechend in der Berechnung inkludiert und Maximalwerte für bestimmte Lebensmittelgruppen wie Fleisch- oder Milchprodukte wurden festgelegt; transparenter Entwicklungsprozess und grafische Aufbereitung der Leitlinien über Wheel of Five; zusätzliche Leitlinien für vegetarisch lebende Menschen
6. Maßnahme: Ernährungsbildung
- Förderung von Ernährungsbildung insbesondere in Kindertagesstätten und Schulen
- Lernen von Gleichaltrigen zeigt sich besonders förderlich
- Aus- und Weiterbildung zum Thema pflanzenbasierte Ernährung für Küchenpersonal und benachbarte relevante Berufsgruppen (Medizin, Pflege, Gastronomie, Pädagogik, Landwirtschaft)
- Bildungsformate in der Schule, wie Kochaktivitäten oder Gärtnern insbesondere in Kombination mit guter Schulverpflegung, erweisen sich als wirksam
- Finnland: Ernährungsunterricht in Schulen als Standard integriert; im Fach Hauswirtschaft Themen wie Ernährungsempfehlungen, gesunde Lebensmittel, Lebensmittelsicherheit und -qualität sowie Zubereitungsmethoden und Mahlzeitenplanung behandelt; seit 2001 lernen Kinder außerdem Schlüsselfaktoren für die Förderung der Gesundheit und Ursachen von Krankheiten; dazu gehören Themen wie Nährstoffbedarf, Nahrungsmittelallergien und spezielle Ernährungsweisen sowie ausgewogener Lebensmittelverzehr im Alltag; Schulmahlzeiten richten sich nach Ernährungsempfehlungen
- Dänemark: 2013 Schulungsprogramm mit Küchenpersonal öffentlicher Kantinen; Training umfasste Menüplanung pflanzenbasierter Gerichte; Ergebnisse: Veränderung in der Verwendung von Lebensmitteln, neue Arbeitsabläufe, erhöhtes Wohlbefinden und berufliche Kompetenzen der Köch:innen
- Österreich: Schulungsprogramm Vegucation der Veganen Gesellschaft Österreich; Fortbildungsprogramm für Kochlehrpersonen, Köch:innen sowie Kochlehrlinge zu einer rein pflanzlichen Küche; Projekt vereint Expertise und Bildung, um Fachkräften unterschiedliche Wege zu einer pflanzenbasierten Kochfortbildung anzubieten; richtet sich an alle Schultypen bzw. Ausbildungsstätten mit küchenpraktischen Fächern sowie an gastronomische Betriebe inkl. Großküchen; mit begleitender Online-Lernplattform
7. Werbeverbot
- durch Werbeverbote für klimaschädliche Produkte, ungesunde Produkte oder (Billig-)Fleisch wird die Bewerbung tierischer Lebensmittel erschwert und limitiert
- Verbote sollten möglichst viele Medien einschließen (z. B. Fernseh-, Internet-, Print- und Außenwerbung, Werbung am Verkaufsort, Direktmarketing, Verpackungswerbung sowie Werbung in Kindergärten, Schulen, an Spielplätzen und in anderen von Kindern besuchten Sport- und Freizeiteinrichtungen)
- auch Werbeverbot, beschränkt auf Billigfleisch, ist europarechtlich zulässig
- freiwillige Selbstverpflichtungen der privatwirtschaftlichen Lebensmittel- und Gastronomiebranche können unterstützend wirken (z. B. EU Pledge), jedoch schreiben Studien verpflichtenden Werbebeschränkungen weitaus größere Effekte zu
- u. a. in Portugal, Norwegen, Schweden und Deutschland: Verbote und Pläne, damit Werbung für ungesunde Lebensmittel nicht an Kinder gerichtet werden darf
- Haarlem, Niederlande: in der niederländischen Stadt soll zukünftig keine Werbung für klimaschädliche Produkte im öffentlichen Raum präsentiert werden (Antrag für Verbot von der GroenLinks Partei eingereicht); Werbeverbot soll 2024 in Kraft treten; bezieht sich u.a. auf Autos mit Verbrennungsmotoren, Urlaubsflüge, Fleisch aus Massentierhaltung
- EU Pledge:freiwillige Initiative, 2012 von großen Lebensmittel- und Getränkehersteller:innen in Europa initiiert, um Fettleibigkeit bei Kindern zu bekämpfen und verantwortungsvolle Marketingpraktiken zu fördern; teilnehmende Unternehmen verpflichten sich, keine Werbung für ungesunde Lebensmittel und Getränke an Kinder unter 12 Jahren zu richten
8. Nudging
- Ernährungsumgebungen so gestalten, dass pflanzenbasierte Ernährung in den Vordergrund gerückt wird
- gilt nicht nur für Gemeinschaftsverpflegung, sondern auch für Supermärkte, Krankenhäuser, Veranstaltungen und weitere Orte oder Anlässe
- England: bei Befragung von über 5.000 Einrichtungen (Schulen, Universitäten, Gesundheitseinrichtungen) gaben 80 % an, Fleischmengen zu reduzieren: durch kleinere Fleischportionen, weniger Fleischgerichte in der Menüauswahl oder fleischfreie Tage; gleichzeitig gaben über 83 % der Cateringunternehmen an, dass die Menge an Hülsenfrüchten bis zu 20 % erhöht wurde; 60 % berichteten, mehr Fleischersatzprodukte zu nutzen; über 50 % haben ihr Menü so umgestaltet, dass das fleischfreie Gericht prominenter platziert ist; zuvor Aufklärungs- und Sensibilisierungskampagne für Reduktion von Fleisch und Erhöhung von pflanzenbasierten Produkten
- England: Green Challenge, Universität Cambridge: Reihe von Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit im Verpflegungsbereich, darunter Reduktion des Verbrauchs von Milchprodukten, Verzicht auf Fleisch von Wiederkäuern, Reduktion von anderen Fleischsorten und Förderung des Verzehrs pflanzenbasierter Gerichte, sodass diese den Großteil des Angebots ausmachen
- Österreich: Broschüre mit Anleitung und Tipps zum Einsatz von Nudging-Techniken im Bereich der Gemeinschaftsverpflegung, bereitgestellt von der Veganen Gesellschaft Österreich
- Schweden: Vegetarische Option als Standard; vierwöchiges Experiment in schwedischem Restaurant, bei dem auf der Speisekarte vegetarische statt fleischhaltige Optionen als Standard-Mittagsgerichte und fleischhaltige Optionen nur auf Anfrage angeboten wurden; deutlich größere Nachfrage nach vegetarischen Gerichten
- Dänemark: Vegetarische Option als Standard; im Rahmen von drei Konferenzen zwischen 2017 und 2019 wurde untersucht, welche Wirkung die Standardoption (vegetarisch oder nicht-vegetarisch) eines Buffets hatte, wenn jeweils die andere Option aktiv gewählt werden musste; es zeigte sich, dass sich der Großteil der Gäst:innen für vegetarische Buffets entschied, wenn diese das Standard-Buffet darstellten
- über die Studierendeninitiative Plant-Based Universities wird die Forderung vertreten, das Verpflegungsangebot an den Universitäten rein pflanzlich zu gestalten (aktuell an über 70 Universitäten aktive Kampagnen, u. a. in England, Deutschland, Österreich und der Schweiz)
9. Maßnahme: Finanzielle Anreize
- pflanzliche Lebensmittel durch Subventionen, Bonusprogramme und Förderungen/Investitionen fördern
- landwirtschaftliche Subventionen sollten sich an Umweltschutzleistungen orientieren und umweltschädliche Subventionen sollten beendet werden
- Steuern so anpassen, dass die Preise von Lebensmitteln die Auswirkungen auf Umwelt, Klima, Gesundheit und Tiere widerspiegeln
- wenn es eine Steuererhöhung für tierische Lebensmittel gibt, sollte sichergestellt werden, dass dies sozial gerecht geschieht und die Einnahmen konstruktiv verwendet werden, um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen
- England: Bonusprogramm Healthy Start Programme des Nationalen Gesundheitsdiensts unterstützt Personen, die ein geringeres Einkommen haben, Familien mit Kindern unter vier Jahren sowie Schwangere dabei, sich gesund zu ernähren; mit Guthabenkarte können u. a. Früchte, Gemüse, Hülsenfrüchte und Milch gekauft werden; Guthaben wird alle vier Wochen auf die Karte übertragen
- Niederlande: Unterstützung der Umstellung der Tierhaltung; Regierung unterstützt Landwirt:innen finanziell, wenn sie ihre Betriebe nachhaltiger und innovativer ausrichten; erhalten finanzielle Mittel, um intensive Tierhaltung auf extensive umzustellen; Tierhalter:innen, die die Produktion komplett einstellen, erhalten ebenfalls Geld; bis 2035 werden 25 Milliarden Euro bereitgestellt; damit soll der Tierbestand um ein Drittel reduziert und insbesondere die Stickstoffbelastung verringert werden
- Spanien, Niederlande, England: Förderungen für technische Innovationen wie zellkultiviertes Fleisch
- Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Irland, Portugal und die Niederlande besteuern Molkereiprodukte gleich hoch wie pflanzliche Milchprodukte
- Dänemark:angekündigte CO2-Steuer
- Deutschland: vorgeschlagene Tierwohlabgabe; Verbrauchssteuer für jedes verkaufte Kilogramm Fleisch; Machbarkeit über Studie bestätigt; Vorschlag aus dem Agrarministerium, reduzierte Besteuerung tierischer Produkte auf normalen Steuersatz von 19 % anzuheben und dafür den Steuersatz pflanzlicher Lebensmittel wie von Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten auf 0 % zu senken, wurde 2022 abgelehnt
- Niederlande: Fleischsteuer; 2020 Vorschlag vom Finanzminister zur fairen Bepreisung von Fleisch (und günstigerem Obst und Gemüse) dem niederländischen Parlament vorgelegt; beinhaltet auch Berechnung der Kosten sowie der Auswirkungen auf die Umwelt
10. Maßnahme: Gebote und Verbote
- einsetzen, um die pflanzliche Ernährung u.a. in der Gemeinschaftsverpflegung zu fördern
- verpflichtende und kontrollierte Qualitätsstandards oder Gesetze
- Kriterien für die öffentliche Beschaffung können genutzt werden, um pflanzenbasierte Gerichte verpflichtend anzubieten
- Deutschland: DGE-Qualitätsstandard für die Schulverpflegung in folgenden Bundesländern verpflichtend: Berlin, Bremen, Hamburg, Saarland und Thüringen; im Qualitätsstandard für Schulen ist ein Kriterium für eine gesundheitsfördernde und nachhaltige Verpflegung die tägliche Verfügbarkeit eines ovo-lacto-vegetarischen Angebots zu allen Mahlzeiten; Kriterium gilt auch für den Qualitätsstandard für Betriebsverpflegung
- Nordirland: auf Basis des Eatwell Guides verpflichtende Ernährungsstandards für Mitarbeitende und Besucher:innen von öffentlichen Gesundheitseinrichtungen entwickelt; vorgeschrieben, dass zu jeder Hauptmahlzeit eine vegetarische Option mit einer Proteinquelle angeboten wird; Portionsmenge von verarbeitetem Fleisch auf 70 g beschränkt
- Belgien: die Stadt Gent richtet Schulverpflegung an nachhaltigen Kriterien aus; soll aus biologischen Zutaten und saisonalen Produkten bestehen; berücksichtigt werden außerdem Lebensmittelverschwendung und das Wohlergehen von Mensch und Tier; an Donnerstagen alle Mahlzeiten vegetarisch, an anderen Tagen Flexi-Mahlzeiten serviert, bei denen Anteil an tierischem Eiweiß auf höchstens 50 % des Gesamtproteingehalts begrenzt ist; betrifft 4.500 Schüler:innen, jährlich 775.883 Mahlzeiten
- Portugal: Gesetz, das seit 2017 alle Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung zur Bereitstellung veganer Gerichte verpflichtet; betrifft Schulen, Universitäten, Krankenhäuser, Gefängnisse und andere öffentliche Gebäude; Portugiesische Vegetarische Gesellschaft startete zuvor Petition und stützte sich dabei auf den Ansatz der Nichtdiskriminierung und Gleichbehandlung der Bürger:innen
- Frankreich: Gesetz EGalim, das 2019 als Ergebnis der Französischen nationalen Ernährungskonferenz eingeführt wurde, hat zum Zweck, gesunde nachhaltige und zugängliche Ernährung für die Bevölkerung zu sichern; Schulen sollen einmal pro Woche vegetarisches (fleisch- bzw. fischloses) Gericht anbieten
- einige europäische Städte in Belgien, Österreich, Finnland und Deutschland haben fleisch- und fischfreie Tage in öffentlichen Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung eingeführt: nach Veggie Days in Gent zogen weitere belgische Städte nach, darunter Hasselt, Mechelen, Eupen und Brüssel, aber auch Städte anderer Länder wie Freiburg, Bremen und Konstanz (Deutschland) und Graz (Österreich); Meatfree Mondays gibt es beispielsweise in São Paulo (Brasilien) und Buenos Aires (Argentinien)
Fazit des Berichts
Im Dokument des Vereins NAHhaft ist eine breite Sammlung an Beispielen zusammengestellt, die europa- und weltweit zeigen, wie politische Strategien auf verschiedenen Ebenen umgesetzt werden können. Die wachsende Zahl an Maßnahmen zeigt, dass die Rolle einer pflanzenbasierten Ernährung an Bedeutung gewinnt. Dennoch gibt es noch viel Luft nach oben. Einige Länder machen es bereits vor, andere können noch sehr viel mehr tun. Auf EU-Ebene fehlt eine direkte Förderung, obwohl auch die Umweltvorteile einer pflanzlichen Ernährung bekannt sind. Lokale Strategien sind oftmals innovativ und wirkungsvoll, benötigen aber mehr Unterstützung von politischen Entscheidungsträger:innen.
Es gilt, aus Erfahrungen zu lernen und effektive Strategien zu entwickeln. Hierfür möchte der Bericht eine Orientierungshilfe und Leitlinie sein. Die bereits umgesetzten Maßnahmen und Projekte sollen als Inspirations- und Motivationsquelle dienen.
Das vollständige Dokument können Sie hier herunterladen: Politische Strategien und Instrumente zur Förderung pflanzenbasierter Ernährung in Europa.