Vegan auf Reisen – Drei Wochen auf der Iberischen Halbinsel
Vegan auf Reisen – Drei Wochen auf der Iberischen Halbinsel
Im Oktober 2023 begaben wir uns zu zweit und nur mit Rucksäcken ausgestattet auf die Reise. Das Ziel: Málaga im spanischen Andalusien. Geplant war eine dreiwöchige Tour durch Andalusien und die portugiesische Algarve. Gebucht hatten wir zunächst nur den Hinflug nach Málaga, den Rückflug von Lissabon und die erste Unterkunft. Was wir auf dieser Reise erlebt haben und wie wir als vegan lebende Personen durchgekommen sind, erfahrt ihr in diesem Bericht!
Andalusien und die weißen Dörfer
Zugegeben, ich bin kein allzu großer Fan vom Fliegen. Soweit es möglich ist, weiche ich stets auf den Zug aus und habe damit bereits große Teile Europas bereist. In drei Wochen mit dem Zug nach Andalusien? Das ist möglich, aber sehr anstrengend und teuer. Busse wären zwar theoretisch möglich, aber die Reisezeit ist lange. Also doch lieber mit dem Airbus! Der Wiener Flughafen hat in Sachen veganes Angebot in den letzten Jahren ordentlich aufgeholt. So finden sich in der Abflughalle viele vegane Sandwiches und Snacks – auch in Restaurants werdet ihr schnell fündig. Das Highlight ist wohl das rein vegane Eisgeschäft Veganista!
Nachdem wir die Sicherheitskontrolle passiert hatten – das Sicherheitspersonal hatte diskutiert, ob Tofu erlaubt ist, was er letztendlich auch war – ging es mittels Billigfluglinie in Richtung Süden. Auch in der Luft staunten wir über das vegane Angebot: Ryanair bietet mittlerweile sogar eine vegane Lasagne mit Getränk und einem Snack um ca. 10 € an. Vom Flughafen Málaga ging es dann mit der Bahn um ca. 2 € ins Zentrum. Málaga ist wunderschön: Palmenalleen, die gepflasterten Gehsteige sowie der Mix aus maurischer und christlicher Architektur direkt am Mittelmeer laden zu langen Spaziergängen ein. Auch wenn hier wie in ganz Spanien die berüchtigten Stierkampfarenen zu finden sind, die leider noch immer betrieben werden.
Kulinarisch ist Málaga nur zu empfehlen. In gut sortierten Supermärkten finden sich viele vegane Produkte. Wer Oliven mag, ist in Andalusien generell gut aufgehoben. Darüber hinaus gab es auch ein paar exotische Früchte, die uns bis dato unbekannt waren, z. B. die Atemoya, eine köstliche Zimtapfel-Kreuzung! Außerdem bieten viele Lokale vegane Speisen an. Begeistert waren wir vom Imbiss Kinoa, wo vegane Empanadas und Pizza angeboten werden. Der Preis für eine Pizza lag bei ca. 10 Euro.
Nach zwei Tagen in Málaga besorgten wir uns einen Leihwagen, um das andalusische Hinterland zu erkunden, das Tagesziel: Antequera. Hier ist die wunderschöne Landschaft El Torcal zu empfehlen, die sich sowohl mit dem Auto als auch öffentlich leicht erreichen lässt. Die Wanderung durch die Felsformationen aus Kalkstein, die mitunter zu den schönsten Landschaften zählen, die wir je gesehen haben, ist kostenlos. Am Abend quartierten wir uns in der kleinen Stadt Antequera ein, die aufgrund ihrer geografischen Lage oft als „Herz von Andalusien“ bezeichnet wird. Genauso fühlte es sich auch an, denn inmitten von Olivenhainen und wilden Felsformationen fanden wir uns schließlich zwischen engen Gassen und Sandsteinfestungen wieder. Spätestens hier legten wir auch unser Englisch ab und hangelten uns mit gebrochenem Spanisch weiter: „Dos Falafel sin Salsa, por favor!“ Das vegane Angebot wurde ebenfalls spärlicher und wir wichen auf das Angebot der örtlichen Supermärkte aus; obwohl sogar das Brot teilweise nicht vegan war. Das nächste Etappenziel war Olvera, eines der berühmten weißen Dörfer. Am Weg legten wir einen Stopp in Ronda bei der einzigartigen Puente Nuevo ein. Diese „neue Brücke“ ist gute 300 Jahre alt und überspannt eine 120 Meter tiefe Schlucht – atemberaubend!
Olvera liegt inmitten einer weitläufigen, gelbbraunen Landschaft, die kaum mehr andalusischen Charme versprühen könnte. Die steilen engen Gassen in der Stadt, die Felswände, die Architektur, die weiß gekalkten Häuser; hier passt wirklich alles zusammen und wirkt wie aus einem Guss. Wir verbrachten drei Tage in Olvera, besichtigten mehrere alte Festungen und borgten uns Fahrräder aus, mit denen wir die gesamte Via Verde de la Sierra – einer aufgelassenen Bahnstrecke – hin und zurück fuhren. Viele Tunnel und Steigungen bis maximal 3 Prozent bieten Radfahrer:innen hier eine gemütliche Fahrt durch das Gebirge. Am Weg passierten wir den Zaframagón, einen Berg, um den hunderte von Gänsegeiern kreisen.
Ein Hauch von Britishness und die andere Seite Andalusiens
Ein Muss auf unserer Reise war Gibraltar. Dieses britische Überseegebiet ist wohl einer der einzigartigsten Orte auf dem europäischen Kontinent. Nicht nur die berühmten Berberaffen, die auf dem „Rock“ leben, sondern auch die britischen Telefonzellen, der Grenzübergang und die Überquerung des Flugfelds passen so gar nicht in das andalusische Bild. Doch genau das macht Gibraltar so spannend!
Zunächst gilt es zu erwähnen, dass Gibraltar sehr teuer ist. Wir haben daher eine Unterkunft in der Stadt La Linea gebucht, von wo aus Gibraltar ohne Probleme zu Fuß erkundet werden kann. Zu empfehlen ist hier das kleine vegane Lokal La Linea Verde, das täglich hausgemachte Speisen anbietet. Zu Fuß über eine Grenze zu gehen, haben wir davor nicht oft erlebt – hier ist das aber völlig normal. Nach der Einreise überquerten wir zu Fuß die Start- bzw. Landebahn des Flughafens. Dieses Kuriosum ist weltweit einzigartig. Gibraltar selbst fühlt sich tatsächlich sehr britisch an – abgesehen vom fehlenden Linksverkehr. Der Eintritt in den Nationalpark „Upper Rock“ kostet um die 15 € pro Person, inkludiert sind verschiedene Museen, Festungen und auch eine Tropfsteinhöhle.
Das Highlight vieler Besucher:innen sind jedoch die freilebenden Affen, die seit Jahrhunderten auf dem Felsen wohnen. Wir verhielten uns respektvoll und hielten Abstand. Schnell wurde jedoch klar, dass die Affen den Kontakt suchen und ihre Nahrungssuche äußerst intensiv betreiben – einer der Affen wollte mir sogar meinen Rucksack öffnen. Vielleicht stellt ihr euch jetzt auch die Frage, ob es den Affen von Gibraltar eigentlich gut geht. Die Antwort ist ein wenig kompliziert: Zum einen handelt es sich hier um die einzige freilebende Affenkolonie auf dem europäischen Kontinent. Die Tiere werden mit staatlichen Mitteln geschützt, gefüttert und gepflegt und dürfen sich im Nationalpark völlig frei bewegen. Andererseits gelten die Berberaffen als eine der größten Tourist:innenattraktionen. Es gibt Berichte, dass die intelligenten Affen genau wissen, wann Tourist:innen auf den Berg kommen, und daraufhin ihr eigenes Essen verschmähen. Tatsächlich haben wir selbst gesehen, wie Taxifahrer:innen die Tiere anfütterten, damit sie leichter zu fotografieren waren. Außerdem wurden bereits viele der Tiere von Seiten der Behörden getötet, weil sie zu „lästig“ wurden, in Hotelzimmer einbrachen oder sich zu schnell vermehrten. Die Scheu vor Menschen haben die Berberaffen definitiv längst abgelegt. Dennoch ist es ein einzigartiges Gefühl, sich auf Augenhöhe mit den Tieren zu befinden, den afrikanischen Kontinent am Horizont zu erspähen und die steilen Felswände von Gibraltar zu erkunden.
Der nächste Stopp auf unserer Reise war Cádiz, die älteste Stadt Europas. Am Weg dorthin sahen wir tatsächlich wild lebende Flamingos; leider nur vom Busfenster aus. In Cádiz wurde uns zum ersten Mal auf dieser Reise die Kraft des Atlantiks richtig bewusst: Starke Winde und hohe Wellen – herrlich! Kulinarisch gesehen gab es in Cádiz keine allzu große Auswahl an veganen Restaurants. Mit der App HappyCow und ein wenig Flexibilität ließ sich jedoch auch hier das eine oder andere Plätzchen finden. Einer dieser Funde war das Eislokal D’plocia Heladería, das mit seinen vielen veganen Sorten punkten kann!
Bereits am nächsten Tag machten wir uns auf nach Sevilla, das mit dem Zug in etwa drei Stunden zu erreichen ist. Hier mischten wir uns unter die Tourist:innen und sahen uns eine echte Flamenco-Show an, ein absolutes Highlight dieser Reise! In unserer Unterkunft konnten wir uns günstige Räder ausborgen. Empfehlen können wir die Pizzeria Grosso Napoletano Senza Glutine, die hervorragende vegane und glutenfreie Pizza anbietet. Auch architektonisch hat Sevilla viel zu bieten und verbindet, wie so oft in Andalusien, maurische und christliche Einflüsse; ein einzigartiger Mix!
Portugal – Über die Algarve nach Lissabon
Wieder mit dem Bus unterwegs ging es anschließend in Richtung Faro, einer portugiesischen Stadt, die wohl den meisten durch den Flughafen bekannt sein dürfte. Das ist jedoch ungerecht, denn Faro hat viel zu bieten: zum Beispiel die wunderschöne Altstadt und ein riesiges Flussdelta, das als Naturschutzgebiet fungiert. In Faro stiegen wir in einer kleinen familiären Unterkunft ab und erkundeten in den nächsten Tagen das Umfeld. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln lässt sich stündlich der Praio de Faro, also der Strand von Faro, erreichen. Beinahe endloser Sandstrand, Wind und hohe Wellen – Strände am Atlantik sind eben etwas ganz Besonderes. Spätestens hier sahen wir auch die ersten Surfer:innen.
Zurück in Faro aßen wir bei der Vegan Box, einem kleinen gemütlichen Restaurant, das ein vielseitiges Angebot aufweist. Neben Torten und typischem Fast Food standen auch traditionelle portugiesische Speisen zur Auswahl. In Faro besorgten wir uns auch zum zweiten Mal einen Leihwagen, um das Hinterland der Algarve erkunden zu können. Zunächst wanderten wir durch die wunderschönen Korkeichenwälder bei Monique und folgten dem Weg der sieben hängenden Täler, der uns an atemberaubenden Felsküsten entlangführte.
Unsere Basis für die nächste Woche wurde der kleine Ort Barão de São João. Hier begegneten wir vielen Aussteiger:innen und alternativ lebenden Menschen, die die Wintermonate im Süden verbringen, darunter auch viele Surfer:innen. Selbst in dem kleinen Dorf gab es vegane Pizza; wir hatten jedoch fürs Erste genug davon. Also beschlossen wir, die nächsten Tage selbst zu kochen, und fuhren zum nächstgelegenen Supermarkt. Die größeren Supermärkte in dieser Gegend verfügen in der Regel über ein breites veganes Sortiment. Außerdem lässt sich Obst oft günstig am Wegesrand erstehen.
In den folgenden Tagen besichtigten wir Sagres, den südwestlichsten Punkt Europas, sahen versteinerte Dinosaurierspuren, erkundeten steile Felsküsten und dichte Eukalyptuswälder. Diese Tage vergingen leider viel zu schnell! Den Mietwagen brachten wir anschließend zurück nach Faro und bestiegen den Zug zur letzten Etappe dieser Reise: Lissabon.
Nach so vielen Tagen in der Natur fühlte sich Lissabon laut und riesig an. Der ständige Flugverkehr und die Menge an Tourist:innen standen im Kontrast zu Meeresrauschen und leeren Stränden, die wir noch wenige Tage zuvor genossen hatten – Großstadt eben. Doch jede Stadt hat ihre schönen Seiten und davon gibt es in Lissabon mehr als genug. Die steilen Hügel, die Hängebrücke und die Trams erinnern ein wenig an San Francisco, die Christusstatue auf der anderen Seite des Tejo an Rio de Janeiro. Zwischen Hügeln, Parks, gefliesten Häusern und gekachelten Gehwegen fühlten wir uns schnell wieder wohl. Eines ist uns aber aufgefallen: Lissabon ist mittlerweile äußerst hip. Aus Sicht zweier veganer Reisender traf sich das ausgezeichnet, denn an allen Ecken und Enden fanden wir vegane Restaurants, Cafés und kleinere Imbisse. Die Innenstadt ist jedoch voll von AirBnB-Wohnungen, Einheimische trafen wir eher selten. Überall wird Englisch gesprochen und ein gewisser kosmopolitischer Hauch ist zu spüren. Schade, denn im Gegensatz zu Faro oder Sevilla vermissten wir hier diesen ungezwungenen kulturellen Charme. Das Essen war dahingegen ausgezeichnet. Ob geniale Burger bei Vegan Junkies, veganen Oktopus bei Kong oder Frühstück bei Veganeats – selten hat uns veganes Essen so universal geschmeckt wie in Lissabon. Hier war einfach alles gut!
Wir genossen die letzten Tage unserer Reise in vollen Zügen, spazierten durch die Stadt und ließen uns auch kulinarisch immer wieder überraschen. Genau drei Wochen nach unserer Landung in Málaga bestiegen wir in den frühen Morgenstunden das Flugzeug zurück in Richtung Wien. Diese Reise hat uns gezeigt, wie wunderschön auch Orte innerhalb Europas sein können und dass es sich, zumindest in Europa, ohne Probleme vegan verreisen lässt. Um den Trip nicht zu vergessen, haben wir eine große Fotocollage erstellt. Wir sind gespannt, wo uns die nächste Reise hinführt und was es von dort zu berichten gibt.