Die Würde des Tieres ist unantastbar: Eine neue christliche Tierethik

Die Würde des Tieres ist unantastbar: Eine neue christliche Tierethik

22.02.2021

Kurt Remele
Die Würde des Tieres ist unantastbar: Eine neue christliche Tierethik

ISBN 978-3-7666-2233-4
1.Auflage: Mai 2016
Butzon & Bercker Verlag
232 Seiten
€ 20,60


Das Buch „Die Würde des Tieres ist unantastbar: Eine neue christliche Tierethik“ vom österreichischen Theologen Univ.-Prof. Dr. Kurt Remele, der selbst vegan lebt, beschäftigt sich mit dem Umgang der Menschen mit Tieren aus christlich-theologischer Perspektive. Einerseits steht dabei das historische Verhältnis von Menschen und Tieren innerhalb der christlichen Religionsgemeinschaften im Mittelpunkt der Betrachtung, andererseits liefert der Autor ein Plädoyer für eine Abkehr von diesen veralteten Praxen hin zu einer Zuwendung und Etablierung einer neuen, zeitgemäßen Tierethik. Im Zuge des Buches wird aber nicht ausschließlich auf die eher abwertende Haltung des (etablierten) Christentums gegenüber Tieren eingegangen. Es werden ebenso tierliebende Theolog:innen und Heilige, die teils selbst Vegetarier:innen sind/waren, tierfreundliche Bibelfiguren und Päpste sowie deren Meinungen angeführt.

 

Remele schreibt, dass die Bibel oftmals herangezogen wird, um zu untermauern, dass Gott den Menschen die Tiere als Nahrung gegeben hätte und dass Menschen frei über den Rest der Schöpfung verfügen dürften. Für den Autor ist diese Auslegung aber nicht nur nicht mehr zeitgemäß, sondern auch fehlinterpretiert. Dies sei nämlich eine Rechtfertigung für die Vorschiebung der Genusssucht und unwesentlicher menschlicher Bedürfnis vor die Ethik. Laut der Bibel war die Ernährung im Paradies vegetarisch-vegan, was sich ebenfalls in den Darstellungen der Zeit nach der Wiederkehr Christi, nach der Erfüllung des Heilsversprechens, wiederfinden lässt, wo Menschen und Tiere in Frieden und ohne Angst miteinander leb(t)en. Erst nach dem Sündenfall sowie nach der Sintflut, als die reelle Gefahr zu verhungern bestand, gab Gott die „Sondererlaubnis“, Tiere zu essen, um das Überleben der Menschen zu sichern. Diese Sondererlaubnis wurde aber fälschlicherweise für allgemeingültig erklärt.

Der Herrschaftsauftrag des Menschen über die Tiere stellt keine Erlaubnis dar, diese zu essen und zu quälen, sondern vielmehr – wie ein:e gute:r Herrscher:in – diese zu schützen und zu ihrem Besten zu wirken. Dabei ist es vollkommen irrelevant, ob Tiere vernunftbegabte Seelen besitzen oder nicht, vielmehr steht deren Empfindungs- und Leidensfähigkeit im Mittelpunkt der Argumentation.

Für Remele ist es wichtig klarzustellen, dass Bibelstellen innerhalb des soziokulturellen und historischen Kontexts verstanden und auf die aktuelle Situation umgelegt werden müssen. Als Beispiel führt er an, dass das fünfte Gebot im ursprünglichen Sinn „Du sollst nicht morden!“ lautete und dabei sehr wohl die Todesstrafe und ähnliches gestattete. Später erfolgte die Umdeutung zu „Du sollst nicht töten!“. In der heutigen Zeit, wo die Menschheit in dem meisten Teile der Welt nicht mehr auf Tiere als Nahrung angewiesen ist, wo es sogar ethisch besser wäre, sich vegan zu ernähren, muss dieses Tötungsverbot auch auf Tiere ausgeweitet werden. Dies und das Gebot, die Würde der Tiere zu achten, wird als der vegetarisch-vegane Imperativ bezeichnet.

Ein weiteres zentrales Argument lautet: Früher waren sich die Menschen nicht in dem Ausmaß wie wir bewusst, dass Tiere empfindungsfähige Lebewesen sind. Heutzutage hat aber sogar die Wissenschaft nachgewiesen, dass Tiere Freude, Leid und Schmerz empfinden. Unter diesem Blickwinkel ist es ethisch nicht mehr vertretbar, empfindungs- und leidensfähige Wesen nur um des Genusses willen zu quälen und zu töten. Alle empfindungsfähigen Wesen haben ein Recht auf Leben. In „Die Würde des Tieres ist unantastbar“ vermittelt Remele eine wunderbare Verschmelzung von Tierethik und christlicher Moral, die die Achtung aller Lebewesen, die alle Teil von Gottes Schöpfung und Vorhersehung sind, zu ihrem Anliegen macht.