Neue Hinweise auf erhöhtes Krebsrisiko durch Milch- und Fleischkonsum

Neue Hinweise auf erhöhtes Krebsrisiko durch Milch- und Fleischkonsum

19.07.2023

Dass der Konsum von Fleisch negative Folgen für die menschliche Gesundheit haben kann, wird immer häufiger zum Thema wissenschaftlicher Forschung. Dabei geht es meist um die sogenannten Zivilisationskrankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs. Insbesondere in Bezug auf Krebs bestätigen neue Erkenntnisse immer wieder das Risiko.

Wissenschaftler:innen warnen vor BMMFs

BMMFs, das steht für „Bovine Meat and Milk Factors“ und bezeichnet Erreger, die im Fleisch und in Milch von Rindern vorkommen. Der deutsche Mediziner und Nobelpreisträger Harald zur Hausen hat mit seiner Forschung zu BMMFs erstmals auf ihre potenziell krebserregenden Eigenschaften aufmerksam gemacht und in den Jahren 2017 bis 2019 für eine öffentliche Diskussion darüber gesorgt, ob ein Milch- und Fleischverzicht empfohlen werden sollte. Anlässlich seines Todes im Mai dieses Jahres hat seine Forschung erneut Aufmerksamkeit erhalten. Mit der Erkenntnis, dass Rindfleisch und Kuhmilch eine krebserregende Wirkung haben können, war zu Hausen nicht allein. Auch der World Cancer Research Fund (WCRF) weist klar darauf hin, dass der Verzehr von rotem oder verarbeitetem Fleisch das Risiko für bestimmte Krebsarten, wie Darmkrebs, erhöht.

Was wir wissen

Dass Fleisch und Nebenprodukte, die bei bestimmten Verarbeitungsprozessen entstehen, die menschliche Gesundheit schädigen können, ist seit einiger Zeit bekannt. Ein Beispiel, das die Wissenschaft und Öffentlichkeit schon länger hinsichtlich seiner kanzerogenen Wirkung in Fleisch beschäftigt, sind polyzyklischen aromatische Kohlenwasserstoffe, kurz PAK. PAK entstehen in der Umwelt, wenn organische Materialien wie Holz, Kohle, Öl oder Benzin unvollständig verbrennen. Durch gewisse Zubereitungsmethoden, wie Grillen, Räuchern, Trocknen oder Braten, reichern sich PAK in Lebensmitteln an. Bereits 1987 wurden sie von der International Agency for Research on Cancer (IARC) als krebserregend eingestuft. Auch die Deutsche Krebsgesellschaft warnt vor dem Risiko, durch gewisse Zubereitungsmethoden hohe Mengen an PAK zu sich zu nehmen. Als besonders kritisch wird hierbei rotes oder gepökeltes Fleisch eingestuft.

Was neu ist

Harald zur Hausen hat mit der Veröffentlichung seiner Forschungsarbeit für das Deutsche Krebsforschungszentrum 2017 für Aufsehen gesorgt. So viel weiß man mittlerweile: Hinter BMMFs stecken infektiöse Erreger, die unter anderem in tierischen Produkten zu finden sind. Es wird davon ausgegangen, dass sie eine indirekte karzinogene Wirkung haben, indem sie chronische Entzündungen im Gewebe und DNA-Schäden auslösen können, was eine häufige Ursache von Krebserkrankungen ist. Wissenschaftliche Ergebnisse legen mittlerweile nahe, dass auch Autoimmunerkrankungen und neurodegenerative Erkrankungen wie Multiple Sklerose, durch BMMFs in Milch- und Fleischprodukten ausgelöst werden können. Zur Hausen hat den dringenden Bedarf betont, die Forschung zu gesundheitlichen Risiken rund um BMMFs zu vertiefen.

International wurden in den letzten Jahren immer mehr Forschungsarbeiten veröffentlicht, die zu Hausens Ergebnisse bestätigen und darüber hinausgehen. Mehrere Publikationen leiten aus diesen Erkenntnissen die Empfehlung ab, Säuglingen nicht zu früh Kuhmilchprodukte zu geben und sie bestenfalls so lang wie möglich zu stillen.

 

Erste Publikation von zur Hausen zu BMMFs:

Zur Hausen, H., Bund, T., & de Villiers, E. M. (2017). Infectious agents in bovine red meat and milk and their potential role in cancer and other chronic diseases. Viruses, Genes, and Cancer, 83-116. https://link.springer.com/chapter/10.1007/82_2017_3