Öffentliche Anhörung im Petitionsausschuss: Ein souveräner Auftritt von Elternvertreter David Haller
Öffentliche Anhörung im Petitionsausschuss: Ein souveräner Auftritt von Elternvertreter David Haller
Laut aktuellen Zahlen des Smart-Protein-Berichts machen vegan lebende Menschen etwa 5 % der Bevölkerung in Österreich aus. Davon abgeleitet kann man in Wien von etwa 16.000 bis 40.000 Kindern ausgehen, die sich rein pflanzlich ernähren. Die meisten städtischen Kindergärten haben für diese Bedürfnisse kein Verpflegungsangebot. Betroffenen Eltern bleibt häufig nur das Vorkochen eigener Speisen. Wo das nicht erlaubt ist, müssen die Kinder mit den pflanzlichen Beilagen vorliebnehmen, was keiner gesunden, vollwertigen Ernährung entspricht. Vor diesem Hintergrund startete eine Gruppe betroffener Eltern mit unserer Unterstützung eine Petition zur Einführung einer pflanzlichen Wahloption in den städtischen Kindergärten Wiens.
Inhalte der Petition
Die Eltern appellierten an die politischen Entscheidungsträger:innen, dass alle Kinder in städtischen Kindergärten die Möglichkeit haben sollten, sich nach ihren individuellen Bedürfnissen gesund und vollwertig zu ernähren. Obwohl das offizielle Catering der städtischen Kindergärten seit Sommer 2023 eine vegetarische Option pro Tag anbietet, bleibt das Angebot für eine vollwertige, rein pflanzliche Ernährung in den meisten Kindergärten begrenzt. Die Eltern betonten das Recht der Kinder auf eine ausgewogene Ernährung und verwiesen auf internationale Fachorganisationen, die basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen eine pflanzliche Ernährung als für jede Lebensphase geeignet betrachten.
In der Petition wurde vorgeschlagen, die vegetarische Option durch eine rein pflanzliche zu ersetzen, um logistischen Aufwand zu minimieren und die Bedürfnisse aller Kinder decken zu können. In anderen Institutionen im Land wie einigen Universitätsmensen ist das Verpflegungsangebot bereits zu 40 – 50 % auf pflanzliche Hauptspeisen umgestellt worden. Die Eltern argumentierten, dass die Einführung einer pflanzlichen Wahloption sowohl die Bedürfnisse ihrer Kinder decken würde als auch die Vielfalt der Ernährungsoptionen in der Stadt fördern könnte.
Einholung von Stellungnahmen
In der Sitzung des Gemeinderatsausschusses für Petitionen vom 06.10.2023 wurde beschlossen, dass insgesamt vier Stellungnahmen eingeholt werden. Diese wurden im weiteren Entscheidungsprozess herangezogen. Sie sollten vom Department für Ernährungswissenschaften der Universität Wien sowie den Stadträten für Bildung, Umwelt und Gesundheit erfolgen. Das Department für Ernährungswissenschaften und Gesundheitsstadtrat Peter Hacker besprachen in ihren differenzierten Stellungnahmen das Für und Wider einer solchen Forderung basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und Empfehlungen internationaler Fachorganisationen. Die Stellungnahmen von Umweltstadtrat Jürgen Czernohorszky und Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr fielen unter Berufung auf die überholte Stellungnahme der Nationalen Ernährungskommission von 2016, die von einer veganen Ernährung im Kindesalter abrät, leider ablehnend aus. Umweltstadtrat Czernohorszky betonte in seiner Stellungnahme allerdings, dass die Reduktion tierischer Lebensmittel bei der Einsparung von Treibhausgasen eine entscheidende Rolle einnehmen würde und „der Vorschlag, in den städtischen Kindergärten täglich eine vegane Wahloption anzubieten, aus der Perspektive des Umwelt- und Klimaschutzes durchaus nachvollziehbar und begrüßenswert [ist]“.
Öffentliche Anhörung im Petitionsausschuss
Nach der Sichtung der Stellungnahmen wurde die Petition am 07.12.2023 im Petitionsausschuss des Gemeinderats verhandelt. Hierfür wurde David Haller stellvertretend als betroffener Elternteil eingeladen, um das Anliegen nochmals vorzustellen. Herr Haller hat die Forderung der Petition und die Elternschaft dahinter kompetent und äußerst diplomatisch vertreten, indem er die Fragen der Ausschussmitglieder sehr umsichtig und bedacht beantwortet und den Prozess hinter der Petition nachvollziehbar dargelegt hat. Die Atmosphäre der Sitzung war sichtlich angenehm. Bei den Ausschussmitgliedern waren ein ehrliches Interesse an der Thematik, Verständnis für die Forderung und teilweise Zuspruch zu erkennen, dass das Anliegen durchaus zeitgemäß ist.
Trotz des souveränen Auftritts von Herrn Haller sowie der positiven Stimmung in der Ausschusssitzung konnte noch keine Empfehlung für eine pflanzliche Wahloption an den zuständigen Stadtrat Christoph Wiederkehr ergehen. Diese Entscheidung wurde damit begründet, dass die aktuelle Speisenauswahl der Kindergärten von der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung (ÖGE) zertifiziert ist und die Nationale Ernährungskommission (NEK) von einer veganen Ernährung im Kindesalter abrate.
Dennoch stellt die Petition mit bis dato 671 (Stand 07.01.2024) gesammelten Unterschriften einen großen Erfolg dar und leistet einen wichtigen Beitrag zum Prozess hin zu einer Gemeinschaftsverpflegung, bei der pflanzliche Optionen als gleichwertig betrachtet werden.
Bei weiterem Interesse können der Petitionstext, die verschiedenen Stellungnahmen sowie die Aufzeichnung der öffentlichen Erläuterung hier online angesehen werden: www.petitionen.wien.gv.at