Veganista: Zwei Pionierinnen revolutionieren den Eissalon
Veganista: Zwei Pionierinnen revolutionieren den Eissalon
Sechs Jahre ist es her, dass in der Neustiftgasse 23 im 7. Wiener Gemeindebezirk der erste Veganista-Eissalon eröffnet hat. Die Schwestern Cecilia Havmöller und Susanna Paller haben entschieden dazu beigetragen, dass Wien heute weltweit zu den wichtigsten Vegan-Metropolen zählt. Begeistert von den kreativen Eissorten sind nicht nur Veganer:innen, genussliebende Personen aller Ernährungsformen stürmen regelrecht die mittlerweile sieben Eissalons in der Bundeshauptstadt. Wir haben uns mit den beiden Gründerinnen über ihren Traum vom eigenen Eissalon unterhalten und nachgefragt, was die Zukunft bringen wird.
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Wie seid ihr auf die Idee gekommen, einen veganen Eissalon zu eröffnen?
Susanna: Meine Schwester lebt schon seit 31 Jahren vegan, ich seit 16 Jahren. Wir haben uns so nach gutem Eis gesehnt. Das einzige, was wir bekommen haben, war Zitronensorbet und das konnten wir nicht mehr sehen. Unsere Verzweiflung hat uns zu unserem Traum vom eigenen Eissalon gebracht. Wir dachten, wenn keiner veganes Eis macht, müssen wir es eben selbst machen.
Hattet ihr Bedenken, dass euer Konzept nicht funktionieren könnte?
Cecilia: Wir haben 2013 unseren ersten Shop eröffnet, als Veganismus noch nicht so angesagt war wie heute. Eigentlich hat uns jeder abgeraten und uns für verrückt erklärt. Ich habe den Gedanken nie zugelassen, dass es nicht funktionieren könnte. Wir haben unser letztes Geld in das Unternehmen gesteckt. Es musste also einfach funktionieren. Der Tag vor der Eröffnung im Mai 2013 war verregnet, es hatte 9 Grad und kein Mensch war auf der Straße. Da hatte ich schon kurz Bedenken. Aber bei der Eröffnung lief alles perfekt und die Kund:innen standen meterlang Schlange vor dem Geschäft.
Susanna: Im Jahr darauf konnten wir unseren zweiten Shop in der Margaretenstraße eröffnen. Seitdem kam jedes Jahr ein Shop dazu, 2017 sogar zwei. Heuer haben wir einen Shop im 19. Bezirk eröffnet - bis jetzt!
Was habt ihr für die Zukunft geplant? Worauf darf man sich schon freuen?
Cecilia: Uns fällt eigentlich immer irgendetwas ein und wir sind sehr spontan. Ich erkundige mich eigentlich täglich, ob eine neue, interessante Location am Markt ist. Wenn wir einen Shop finden, der uns gefällt, schlagen wir zu. Von der Idee bis zur Eröffnung eines neuen Shops dauert es meist ein paar Monate, je nachdem wie viel wir umbauen und renovieren müssen. Da ist es praktisch, einen Architekten als Bruder zu haben. Der Shop in der Amerlinggasse war in einem furchtbaren Zustand und wir haben zwei, drei Monate nur umgebaut.
Eure derzeitigen Eissalons sind großteils in den Innenbezirken Wien angesiedelt. Würdet ihr auch in andere Bezirke oder Bundesländer gehen? Plant ihr eine Expansion ins Ausland?
Cecilia: Wir suchen auf jeden Fall auch in den äußeren Bezirken. Wir brauchen keine Top-Locations, sondern gehen überall hin. Zu uns kommen die Leute, die in der Nähe wohnen und wir fokussieren uns nicht auf Laufkundschaft. Persönlich sehr spannend finde ich den 13. und 18. Bezirk, aber auch andere Randbezirke. Sehr gerne würden wir auch in die Bundesländer gehen. Besonders im Auge haben wir Graz und Linz. Eine Expansion ins Ausland ist geplant, vielleicht nächstes Jahr. Uns kommt meist ein neuer Shop in Wien dazwischen und dann verschieben sich unsere Auslandspläne wieder.
Ist der Sommer für euch die stressigste Zeit im Jahr?
Cecilia: Nein, im Gegenteil. Für uns zwei sind die Wintermonate am zeitintensivsten, weil wir quasi jedes Jahr ein neues Business starten und neue Leute einstellen. Im Sommer haben wir über 70 Mitarbeiter:innen, aber für so viele ist während dem Winter nicht Arbeit vorhanden. So fangen wir im Winter mit der neuen Personalsuche an, wobei uns viele Mitarbeiter:innen lange erhalten bleiben. Ab Ostern läuft alles und es wird für uns entspannter.
Susanna: Anfangs hatten wir gar keine Winterpause. Jetzt ist zum Beispiel der Shop in der Neustiftgasse für fünf Wochen geschlossen, wobei das keine richtige Pause ist. In dieser Zeit passieren viele Sachen, die wir nicht machen können, wenn geöffnet ist, wie etwa den Shop zu renovieren.
Was macht Veganista-Eis so besonders?
Susanna: Besonders ist auf jeden Fall die rein vegane Produktion. Unsere Küche hat noch nie einen einzigen Tropfen Kuhmilch gesehen. Andere Eissalons produzieren das vegane und nicht-vegane Eis in denselben Maschinen. Die wenigsten reinigen die Maschinen ausreichend, weil man es auch nicht schmeckt und so sind immer Spuren von Milch im veganen Eis enthalten. Zu uns kommen viele Milchallergiker:innen, weil sie bei uns ohne Bedenken das Eis essen können. Ein hochallergischer Junge zählt mit seiner Oma zu unseren Stammkunden und hat sich bei mir bedankt, dass er einmal jedes Eis essen darf. Das freut uns natürlich schon sehr!
Cecilia: Unser Eis ist außerdem so frisch, wie es nur geht und wird von uns in der Früh selbst hergestellt. Wir haben zum Beispiel noch nie ein Päckchen Saft gekauft, sondern pressen Apfel-, Birnen- und Orangensaft selbst. Das kostet natürlich mehr und ist aufwändiger als im Supermarkt Saft einzukaufen, aber der Geschmack ist einfach unvergleichlich. Auch die Kekse für unsere Inbetwiener backen wir selbst. Außerdem haben wir schon Brownies, Banana Bread, Pancakes, Krapfen und Zimtschnecken gebacken und dann zu Eis weiterverarbeitet.
Susanna: In den ersten beiden Jahren haben wir das Eis ganz alleine hergestellt. Jetzt haben wir Unterstützung von einigen Mitarbeiter:innen. Produziert wird in der Nähe des ersten Shops. Wenn möglich verwenden wir regionale, saisonale und biologische Lebensmittel. Wir haben 100 Prozent sichergestellt, dass alles an unseren Produkten vegan ist. Zum Beispiel haben wir angefragt, ob unser Zucker vegan ist. Damals dachten die Lieferanten, dass wir spinnen. Heute sind solche Anfragen schon normaler.
Ihr seid für ein großes Sortiment und ausgefallene Sorten bekannt. Woher kommt die Inspiration?
Susanna: Bei uns gibt es Standard und Special Sorten. Insgesamt hatten wir schon über 220 verschiedene Sorten. Wir schauen, dass wir täglich ein bis zwei neue Sorten haben und dass sich das Sortiment durchwechselt. Der Rest ist ein kreativer Prozess meinerseits, der meine Schwester manchmal wahnsinnig macht.
Cecilia: Ja, sie ist die Künstlerin von uns beiden. Manchmal weiß sie bis in der Früh nicht, welches Eis sie an dem Tag machen will. Ich hingegen möchte vorplanen können.
Susanna: Die Inspiration kommt von überall. Manchmal sehe ich eine interessante Farbe und beginne zu überlegen, mit welchen Lebensmitteln ich zum Beispiel ein tolles, violettes Eis hinbekomme. Manchmal erzählen uns auch Kund:innen und Mitarbeiter:innen von ihren Eiswünschen und wir versuchen dies umzusetzen. An manchen Tagen entwickle ich drei neue Sorten, manchmal passiert auch ein paar Tage nichts. Manche Sachen kann ich sehr schnell umsetzen, an anderen arbeite ich monatelang. An der Cold-Brew-Kaffee-Sorte habe ich 1 ½ Jahre gearbeitet bis es endlich funktioniert hat. Dieses Jahr haben wir bei der Eröffnung im Februar übrigens nur neue Sorten gehabt, insgesamt waren es 18. Es hat geschneit und draußen sind die Leute mit Handschuhen, Haube und Schal Schlange gestanden.
Was waren eure ausgefallensten Sorten?
Susanna: Also am schlimmsten war Erbse-Minze und Tomate. Zu den besten ausgefallensten Sorten zählt meiner Meinung nach Orange-Olivenöl-Safran. Dafür verwenden wir frisch gepressten Orangensaft, Bio-Olivenöl und Safranfäden. Aber auch Knoblauch war sehr lecker. Wir hatten auch einmal eine Big-In-Japan-Kollektion mit den Sorten Wasabi, Vanille & Yuzu und schwarzer Sesam. Mit ätherischen Ölen haben wir auch schon viel gemacht. Heidelbeer-Lavendel gehört zu unseren polarisierendsten Sorten - die einen lieben es, die anderen hassen es. Mir macht es einfach unglaublich viel Spaß, neue Sorten zu kreieren, weil es einfach kein Limit gibt.
Zum Ausprobieren und Nachkochen: Joghurt-Himbeere-Eis mit Cashews
Wie habt ihr gelernt, Eis herzustellen?
Susanna: Learning by doing! 2011 habe ich in New York einen Eiskurs gemacht und war schockiert, dass Eis so gut wie immer mit Fertigpasten hergestellt wird. Bei diesen Fertigmischungen gibt man meist nur mehr etwas Farb- und Geschmackstoff hinzu. Wir wussten sofort, dass dies für uns nicht in Frage kommt und wir nicht hinter einem solchen Produkt stehen können. Wir haben viel experimentiert und aus unseren Fehlern gelernt. Die ersten Rezepte waren mit Abstand die schwierigsten. Wenn man einmal weiß, wie es funktioniert, ist es eigentlich relativ einfach. Cecilias Mann hat immer unser Eis verkostet. Als richtiger Gourmet war er sehr kritisch und hat unser Schokoladeneis anfangs immer mit einem Stern oder zwei bewertet. Ich dachte mir kurz, dass das nie etwas wird. Aber zu diesem Zeitpunkt waren wir sogar schon zur Veganmania angemeldet.
Ihr verwendet viele verschiedene Sorten Pflanzenmilch und Süßstoffe. Warum?
Susanna: Jede Pflanzenmilch und jeder Süßstoff bringt einen anderen Geschmack hervor. So kann man jedes Eis theoretisch in zehn verschiedenen Varianten machen. Man muss einfach probieren und probieren bis man die perfekte Kombination gefunden hat. Neben normalem Zucker verwenden wir auch immer wieder Birkenzucker, Agavendicksaft und Ahornsirup. Für uns ist es sehr wichtig, dass alle Personen, auch jene mit Allergien und Diabetes, zu uns kommen und ein Eis genießen können.
Cecilia: Unser Motto lautet gewissermaßen „Eis für alle“. Deswegen ist unser Eis auch für Menschen jüdischen und muslimischen Glaubens geeignet. Grundsätzlich ist fast alles, was vegan ist, auch koscher. Aber es gibt einige Ausnahmen, zum Beispiel bei Weintrauben und Kräutern. Wir werden diesbezüglich auch sehr genau geprüft und freuen uns sehr, dass ab heuer unser gesamtes Sortiment komplett koscher ist. Es ist toll, wenn jeder und jede zu uns kommen kann und in einem Eissalon ohne Einschränkung jede Sorte genießen kann!
Bereits zum zweiten Mal wurdet ihr zum besten Eissalon Wiens gewählt. Was ist euer Erfolgsrezept?
Cecilia: Glücklicherweise haben wir es geschafft zu zeigen, dass man weder Milch noch Eier braucht, um Eis herstellen. Der Großteil unserer Kund:innen ist nicht vegan. Ich schätze, dass 70 Prozent nicht vegan leben, aber es ist schwer einzuschätzen. Vegan ist gerade so in, viel mehr als vegetarisch. Wir haben auch mitbekommen, dass einige Kund:innen oder Mitarbeiter:innen vorher omnivor gelebt haben und jetzt Veganer:innen sind, da sie durch uns zum ersten Mal mit dem Veganismus in Berührung kamen und darüber zum Nachdenken begonnen haben.
Susanna: Wir zeigen den Leuten, dass pflanzliche Speisen toll schmecken. Zudem haben wir viele ältere Kund:innen, die mit dem Begriff „vegan“ nichts anfangen können und im Nachhinein völlig überrascht und begeistert sind, dass es veganes Eis gibt. Oft werden auch skeptische Personen von ihren Freund:innen mitgeschleppt. Viele von ihnen zählen jetzt zu unseren Stammkund:innen. Wir konnten ihnen gewissermaßen die Angst vor veganen Speisen nehmen. Am wichtigsten ist es zu zeigen, dass Veganismus Spaß macht und überhaupt nichts mit Verzicht zu tun hat.