Lisa Walther – Tierärztin und Hundeernährungsberaterin

Lisa Walther – Tierärztin und Hundeernährungsberaterin

09.01.2023

Immer mehr Menschen denken nicht nur bei ihrer eigenen Ernährung um, sondern möchten auch ihre Hunde mit veganem Futter versorgen. Die Veterinärmedizinerin Lisa Walther hat sich auf die Beratung von Menschen spezialisiert, die ihre tierlichen Mitbewohner:innen pflanzlich verköstigen wollen. Im Gespräch erklärt sie uns, worauf man bei der Umstellung achten sollte, welches Futter sich besonders gut eignet und welche Vorteile eine pflanzenbasierte Ernährung für Vierbeiner:innen haben kann.

Mehr zum Thema vegane Hunderernährung berichtet Lisa Walther zudem in ihrem kostenlosen Online-Vortrag, der jederzeit nachgesehen werden kann.

Lisa, kannst du für uns kurz die Hauptgründe zusammenfassen, warum Menschen ihre Hunde vegan ernähren möchten?

Die Vorteile einer veganen Hundeernährung kann man als global betrachten. Sie unterscheiden sich nicht wesentlich von den Vorteilen, die die menschliche vegane Lebensweise mit sich bringt. Unsere Haustiere stehen zusehends in der Kritik, da Hunde einen signifikanten CO2-Pfotenabdruck hinterlassen. Im Durchschnitt sind das pro Tier rund 8 Tonnen des Klimagifts im Lauf seines Lebens. Die Thematik ist bereits in der Politik angekommen. Immer mal wieder geht dann die Fragestellung durch die Medien, ob unsere moderne Haustierhaltung noch zeitgemäß ist oder man sie aufgrund der schädlichen Auswirkungen verbieten sollte. Eine logische und einfache Alternative stellt aber stattdessen die Fütterung veganer Futtermittel dar. Damit trägt man erheblich zur Vermeidung der Klimakrise bei, schont die Böden sowie die Gewässer, macht Nutzflächen für den Anbau pflanzlicher Nahrungsquellen frei – und verhindert das Leid der zahlreichen sogenannten „Nutztiere“.

Hunde vegan zu ernähren ist also gut fürs Klima und die Tiere, deren Fleisch nicht benötigt wird. Aber wie gesund ist es für den Hund?

Auf jeden Fall ist eine vegane Hundeernährung alles andere als ungesund, wenn sie richtig gemacht wird. Heute weiß man, dass Hunde ihren Nährstoffbedarf sehr gut durch pflanzliche Zutaten decken können, sofern diese im Vorfeld gut aufgeschlossen wurden. Da bei den Hunden wie auch beim Menschen sogenannte Zivilisationskrankheiten wie Adipositas und Tumorleiden zunehmen, wird ein Zusammenhang mit dem Trend zum hohen Anteil tierischer Produkte vermutet. Es ist also davon auszugehen, dass die pflanzliche Fütterung sogar gesundheitliche Vorteile hat. Erste Studien weisen bereits darauf hin. Hier besteht aber noch Vertiefungsbedarf.

Malina (14 Jahre) mit Gina: „Als Malina noch Fleisch aß, hatte sie ein schlechtes Blutbild und aufgrund von Verdauungsproblemen Mängel. Das änderte sich alles, nachdem wir ihre Ernährung vor neun Jahren auf vegan umstellten. Seitdem hat sie Top-Blutwerte – unsere Tierärztin ist begeistert! Sie ist immer noch sehr agil für ihr Alter, spielt gern mit anderen Hunden und wird deutlich jünger geschätzt, als sie ist.“

Worauf sollte bei der Umstellung auf eine pflanzliche Kost geachtet werden?

Ich empfehle, die Umstellung schrittweise über ca. zwei Wochen zu vollziehen. Man ersetzt erst etwa ein Viertel des alten Futters mit der neuen veganen Nahrung. Klappt das gut, tauscht man die Mengen nach und nach aus. Bei ausgewachsenen gesunden Hunden klappt das in der Regel problemlos. Für Welpen und Hunde mit Grunderkrankungen sollte man einen individuellen Ernährungsplan von Expert:innen erstellen lassen.

Eine vegane Ernährung muss für Hunde anders als für Menschen zusammengestellt sein. Welche Unterschiede gibt es?

Generell unterscheiden sich die Anforderungen an die Ernährung zwischen Hunden und Menschen grundlegend. Sie benötigen mehr Protein, Kalzium, Phosphor und diverse andere Stoffe. Taurin und Carnitin sollten dem Futter unbedingt zugesetzt werden, was beim Menschen nicht der Fall ist. Die meisten Zutaten müssen für Hunde viel besser als für uns aufgeschlossen werden. Wir essen unsere Nudeln zum Beispiel al dente. Für Hunde müssen sie hingegen sehr weich gekocht werden. Aus diesem Grund rate ich dringend davon ab, Vierbeiner:innen die gleichen Mahlzeiten zu servieren, die wir selbst essen. Wir dürfen uns darüber freuen, dass die ernährungsphysiologischen Besonderheiten unserer vierbeinigen Begleiter:innen im Rahmen wissenschaftlicher Untersuchungen tiefgehend beleuchtet wurden. Nun liegt es an uns, den Bedürfnissen gerecht zu werden.

Mucki (14 Jahre) mit Alina: „Mein Hundefreund Mucki ist sehr fit und lebensfroh. Trotz seines hohen Alters geht er gerne auf lange und anspruchsvolle Wanderungen und Abenteuer. Auch die Tierärztin bescheinigt ihm bei regelmäßigen Untersuchungen beste Gesundheit. Sein veganes Futter schmeckt ihm gut. Am meisten freut er sich über Leckerlis mit Erdnussbutter oder Banane, die er zu besonderen Anlässen bekommt.“

Wie kann überprüft werden, ob ein Hund mit allen notwendigen Nährstoffen gut versorgt ist?

Der Goldstandard für die Überprüfung, ob ein Hund bedarfsdeckend ernährt wird, ist die individuelle Rationsberechnung. Dabei wird der Nährstoffbedarf anhand der Kerndaten des Tiers ermittelt. Schließlich gleicht man ab, ob im aktuell verwendeten Futter alle Nährstoffe in entsprechender Menge enthalten sind. Blutbilder, die bestimmte Nährstoffgehalte bestimmen, sind leider nicht sehr aussagekräftig, da es zu zahlreichen Wechselwirkungen kommt. Das betrifft unter anderem bereits die Blutentnahme, aber auch Wechselwirkungen innerhalb des Körpers. Stattdessen empfehle ich, regelmäßig die Organparameter überprüfen zu lassen, um Grunderkrankungen frühzeitig zu erkennen. Es gibt kaum ein Leiden, auf das nicht mit einer angepassten Fütterung reagiert werden sollte.

Immer mehr Hunde leiden unter Allergien. In welchen Fällen ist es aus rein gesundheitlicher Sicht sinnvoll, auf eine vegane Ernährung beim Hund umzusteigen?

Ein Großteil der Allergien richtet sich beim Hund gegen tierisches Protein. Hier ist die Umstellung auf eine vegane Ernährung aus gesundheitlichen Gründen sinnvoll. Dennoch sollte man in diesem Fall nicht einfach wahllos das Futter wechseln, sondern eine Eliminationsdiät mit pflanzlichen Zutaten durchführen. Dabei füttert man über mehrere Wochen einen Kohlenhydrat- und einen Proteinlieferanten, den der Hund noch nie erhalten hat. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass manche Hunde, die unter wiederkehrenden Verdauungsbeschwerden leiden, mit einer pflanzenbasierten Kost sehr gut fahren. Zudem betreue ich regelmäßig Nieren- und Leberpatient:innen, deren Erkrankungen durch individuelle vegane Rezepturen bedeutend langsamer voranschreiten. Hier wünsche ich mir definitiv noch viel mehr Forschung.

Akeela (12 Jahre) mit Karin und Chris: „Akeela bekommt veganes Essen, seit sie ein Welpe war. Sie ist eine sehr lebhafte Hündin und gerne überall mit dabei. Beim Spazierengehen werden wir oft darauf angesprochen, dass ihre Quirligkeit für einen so jungen Hund ja ganz normal ist – dabei hatte sie vor kurzem ihren zwölften Geburtstag!“

Was sollte man beim Kauf von fertigem Hundefutter beachten? Welches Futter kannst du besonders empfehlen?

In meinen Augen sind bei der veganen Fütterung von Hunden drei Dinge essenziell:

1. Das Futter muss schmecken, was ja sehr individuell ist.

2. Das Futter muss gut verträglich sein und verdaut werden. Auch hier gibt es Unterschiede und man testet das am besten im Rahmen einer langsamen Umstellung über zwei bis drei Wochen.

3. Schließlich muss das Futter bedarfsdeckend sein. Es ist dann auf der Verpackung als „Alleinfuttermittel“ gekennzeichnet. Leider gibt es Hersteller:innen, die sich nicht an die Vorschriften halten und ein Futter als vollwertig deklarieren, obwohl nicht alle essenziellen Stoffe enthalten sind.

Auf der sicheren Seite seid ihr mit den Futtermitteln von:

Ich selbst bringe mit meiner Geschäftspartnerin Jasmin noch in diesem Jahr ein eigenes Sortiment unter dem Namen „More than Vood“ heraus. Das Besondere bei uns: Wir verstehen uns als Sozialunternehmen und werden einen Großteil der Gewinne in gemeinnützige Projekte stecken, die der veganen Lebensweise dienen.

Phoenix (16 Jahre) und Claudia: „Als Phoenix vor ca. 10 Jahren zu uns kam, war sie stark unterernährt, hatte Darmprobleme und eine Gehbehinderung, die den Tierarzt bemerken ließ: ‚Hunde mit so einer Behinderung werden nicht alt.‘ Heute geht Phoenix noch immer ihrer Wege – bis auf die Gehbehinderung ist sie topfit. Ihre Blutwerte, die wir jährlich prüfen lassen, sind alle dauerhaft im guten Bereich. Wir haben sie seit ihrem ersten Tag bei uns vegan ernährt. Sie bekommt Vegdog Trockenfutter, Vegdog Senior und Selbstgekochtes.“

Das klingt sehr interessant. Viele entscheiden sich auch dafür, selbst für ihre Fellnasen zu kochen. Was sollte man dabei beachten?

Ich bin ein großer Fan davon, die Mahlzeiten selbst zuzubereiten. Hierdurch kann man viel Abwechslung in den Speiseplan bringen, auf die individuellen Vorlieben seines Lieblings eingehen und hat die Kontrolle über Ausgewogenheit und Bedarfsdeckung. Generell besteht eine Rezeptur aus einer Mischung aus Proteinquellen wie Hülsenfrüchten, aus Kohlenhydraten wie Kartoffeln, Getreide und Pseudogetreide, aus einer Mixtur hochwertiger Fettquellen wie pflanzlichen Ölen und Nussmusen sowie aus Gemüse, gerne Obst und einer passenden Mineralstoffmischung. Wichtig ist, die Komponenten nicht intuitiv zu mischen. Stattdessen sollte nach einem Plan gefüttert werden, der durch eine Fachperson erstellt wurde. Der Grund: Die Zutaten unterscheiden sich immens in ihrem Energiegehalt und ihrer Nährstoffzusammensetzung. Ein Überschuss oder Mangel entsteht also schnell. Einige Hersteller:innen veganer Nährstoffpulver haben bereits darauf abgestimmte bedarfsdeckende Rezepturen auf ihren Blogs veröffentlicht. Diese können problemlos für gesunde ausgewachsene Hunde nachgekocht werden. Teilt man sein Leben mit einem Welpen oder mit Vierbeiner:innen mit Grunderkrankungen, empfehle ich dringend, einen individuellen Futterplan erstellen zu lassen.

Liebe Lisa, herzlichen Dank für die vielen hilfreichen Infos!

Im Rahmen des Unternehmens DietPet berät Lisa alle Menschen, die ihre Haustiere vegan ernähren möchten. Dabei erstellt sie individuelle Rezepturen, in denen sie alle spezifischen Bedürfnisse berücksichtigt. Zudem arbeitet sie an einer Software zur computergestützten Rationsberechnung für Tierärzt:innen.

www.dietpet.vet