Tiefsitzender Schock bei Landwirtschaftskammer Tirol: Krampus trinkt Hafermilch

Tiefsitzender Schock bei Landwirtschaftskammer Tirol: Krampus trinkt Hafermilch

30.11.2022

Ein Werbespot von Tirol Werbung schockiert aktuell die Landwirtschaftskammer des alpinen Bundeslandes: Zu sehen ist ein Krampus, der einem Kind den verloren gegangenen Handschuh zurückbringt. Als Zeichen der Dankbarkeit wird der Krampus von der Wirtin in tirolerischem Dialekt gefragt: „Kann ich dir etwas Gutes tun?“ Die Antwort des Krampus: „Ich hätte gerne einen Latte Macchiato.“ So weit, so gut. Damit scheint die Landwirtschaftskammer Tirol noch kein Problem zu haben. Doch dann folgen die unverzeihlichen Worte des Krampus: „Mit Hafermilch, bitte.“ Die freundliche Reaktion der Wirtin macht es nicht besser: „Passt, mach ich dir.“ Ein nettes „Danke“ von Seiten des Krampus, die Werbemessage „Wir sind zu allen herzlich“ gefolgt vom Tirol-Logo erscheint, der Spot ist vorbei.

Keine Kuhmilch im Kaffee – Grundlage für Tiroler Tourismus gefährdet?

So ganz ernst mit der Herzlichkeit scheint man es bei der Landwirtschaftskammer Tirol dann doch nicht zu nehmen. Zumindest nicht mit der Herzlichkeit für Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen keine Kuhmilch konsumieren können oder wollen, oder jenen, die ein Zeichen für den Umwelt-, Klima- und Tierschutz setzen wollen und daher zu Pflanzenmilch greifen. Der Präsident der Landwirtschaftskammer Tirol, Josef Hechenberger, ist „extrem schockiert“, wie er in einem Beitrag von Tirol Heute im ORF am 29.11.2022 kundtut: „Sensibilität“ fehle dem Werbespot, es würde „einfach nicht mehr respektiert und wertgeschätzt, was eigentlich die Grundlage ist für unseren Tourismus“. Kleiner Tipp: Kuhmilch. Die Kuhmilch sei die Grundlage für den Tiroler Tourismus. Ohne ihr ist scheinbar Hopfen und Malz verloren, oder hier wohl besser: Hafer und Gerste. Schlecht scheint es um den Tourismus oder gar das ganze Bundesland Tirol bestellt zu sein, wenn die Getränkebestellung eines Krampus einen derartigen Schock in der Landwirtschaftskammer Tirol auslöst.

Alternativen zu Kuhmilch und Co. – Grundlage für Umwelt-, Klima- und Tierschutz

Was uns eher schockiert: fehlende Sensibilität für Umwelt-, Klima- und Tierschutz. Wir steuern auf einen Klimakollaps zu und die Rolle der Landwirtschaft sowie der Ernährung wird bis dato gekonnt ausgeblendet. Dabei ist klar: Die Produktion von tierlichen Lebensmitteln ist im Vergleich zu pflanzlichen Lebensmitteln überaus ressourcen- und emissionsintensiv. Die University of Oxford rechnet beispielsweise vor, dass im globalen Durchschnitt ein Liter Kuhmilch 3,15 kg CO2-Äquivalente emittiert, ein Liter Hafermilch hingegen nur 0,90 kg CO2-Äquivalente (Poore & Nemecek 2018). Der Klimafußabdruck der pflanzlichen Alternative ist somit um etwa 70 Prozent niedriger. Für Hafermilch muss zudem kein Tier leiden. Für Hafermilch werden keine Kühe besamt, deren Kälber ihnen kurz nach der Geburt genommen werden und die nicht selten eine Reise quer durch Europa antreten, um kostengünstig gemästet und getötet zu werden (Verein Gegen Tierfabriken 2022). Immer mehr Konsument:innen schätzen die Vorteile von Pflanzenmilch für Umwelt, Klima und Tiere und greifen vermehrt zu ihr. Das zeigen auch die österreichischen Versorgungsbilanzen: Alleine im letzten Jahr ist der Kuhmilchkonsum um 6,1 Prozent gesunken (Statistik Austria 2022). Besonders beliebt als Alternative zu Kuhmilch ist dabei regionale Hafermilch aus Österreich.

Boom an Pflanzenmilch – Chance für die österreichische Landwirtschaft

In das beliebteste Produkt von Joya, den Bio Hafer Drink, kommt nur österreichischer Hafer. Auch in die Haferdrinks von Ja! Natürlich (Billa), Veggie (Spar) und Zurück zum Ursprung (Hofer) kommt nur feinster Hafer aus Österreich. Der Wind der Veränderung weht auch in der Milchindustrie selbst: Schärdinger bietet mittlerweile einen Haferdrink in Baristaqualität an, ebenso mit Hafer aus Österreich. Hafermilch kann damit durch und durch als regionales Produkt angesehen werden. Der Boom an pflanzlichen Alternativen von Milch, aber auch anderen Tierprodukten, sollte als Chance von der Landwirtschaft erkannt werden, gemeinsam mit den Konsument:innen in eine nachhaltigere Zukunft zu gehen, in der die Versorgung mit hochwertigen pflanzlichen Rohstoffen wichtiger denn je ist.

Hafermilch für alle – Egal ob Krampus oder nicht

Wir hoffen, dass sich die Landwirtschaftskammer Tirol von ihrem Schock über den Krampus und seine regionale Hafermilch bald erholt und die Notwendigkeit wie auch die Potentiale eines pflanzenbasierten Ernährungssystems erkennt. Auch der Tirol Werbung, die auf Reaktion der Landwirtschaftskammer den Werbespot nun „sensibel hinterfragen“ will, wie sie fortan mit dem „Thema Hafer umgehen“ soll, wünschen wir alles Gute und eine Entscheidungsfindung, die zeigt, dass Tirol „zu allen herzlich“ ist, seien es hafermilchtrinkende Krampusse oder Nicht-Krampusse.

Tipp: Derzeit kann der Werbespot noch auf YouTube angesehen werden.