Nachhaltigkeit auf dem Snowboard: Thomas Feurstein im Interview
Nachhaltigkeit auf dem Snowboard: Thomas Feurstein im Interview
Thomas Feurstein ist nicht nur erfolgreicher österreichischer Snowboarder, sondern auch überzeugter Veganer – auf und abseits der Piste. Auf seinem Instagram-Account @thomas.feurstein gibt er Einblicke in seinen sportlichen Alltag und das Leben zwischen Training, Wettkampf und Naturverbundenheit.
Thomas Feurstein am Hochjoch, einem Berg in der Silvretta Montafon
Hallo Thomas! Als Snowboarder kannst du bereits auf einige Erfolge zurückblicken, zum Beispiel den Vizeweltmeistertitel bei der Freeride World Tour 2018. Was fasziniert dich so am Freeriden und welche Sportarten betreibst du darüber hinaus?
Das Besondere am Freeriden ist für mich die Freiheit und Vielfalt. Man kann es zum Beispiel gemütlich angehen und den unverspurten Hang – fast schwerelos – hinuntergleiten. Man kann es aber auch so rauchen lassen, dass man Jahre danach noch grinst, wenn man nur daran denkt. Dass sich das Ganze in schön verschneiten Berglandschaften abspielt, stört mich auch nicht (lacht). Neben dem Snowboarden bin ich im Sommer viel mit dem Mountainbike, einem Skateboard, einer Slackline und meiner Videokamera unterwegs.
Auf deinem Instagram-Konto gibst du persönliche Einblicke in dein Leben als Snowboarder – was ist dir dabei wichtig zu zeigen und was möchtest du deinen Follower:innen mitgeben?
Social Media wirkt sich ja sehr negativ auf uns aus. Sie stehlen uns Zeit und machen nebenbei noch unzufrieden. Deshalb kann ich euch nur einen Tipp mitgeben: Löscht es! Falls ihr aber schon „gefangen“ seid – auf meinem Kanal versuche ich es etwas anders anzugehen: Da gilt noch Qualität vor Quantität. Es gibt keinen AI-Content, keine politischen Statements oder negativen Geschichten, nur pures Snowboarden – denn davon verstehe ich was. Ich verwende auch prinzipiell keine Musik aus den aktuellen „Insta-Charts“, sondern unterstütze lieber kleinere Bands.
Luftakrobatik auf der Nova (Silvretta Montafon)
Seit wann interessierst du dich für eine rein pflanzliche Ernährung und was waren deine ursprünglichen Beweggründe dafür, vegan zu werden?
Dieses Jahr habe ich, glaube ich, mein zehnjähriges Jubiläum. Den Anstoß hat mir vor ca. 15 Jahren meine damalige Freundin gegeben, die Vegetarierin war. Als ich mich ein wenig mit dem Thema befasst habe, wurde mir schnell klar, dass ich mich besser auch veggie ernähren sollte. Mir ging es dabei hauptsächlich um die Tiere und die Umwelt – weshalb mir auch klar war, dass ich mich früher oder später vegan ernähren sollte. Damals hat mich der Gedanke daran ziemlich gestresst, weil ich es mir eigentlich gar nicht vorstellen konnte. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase war es aber kein Problem mehr und ich bin bis heute froh, den Schritt gegangen zu sein.
Wie gestaltest du deine Ernährung, um beim Training und bei Wettkämpfen auf einem Top-Niveau zu sein? Hast du durch die Umstellung auch Veränderungen beim Training bemerkt?
Am Anfang habe ich mich in die richtige Ernährung reingesteigert, weil ich dachte, dass ich sonst irgendwelche Mängel bekomme. Das war dann aber gar nicht der Fall. Mittlerweile habe ich mein Blut zweimal überprüfen lassen. Der Arzt meinte, dass ich von seinen über 6.000 Patient:innen die besten Blutwerte habe. Kann also nicht so verkehrt sein (lacht). Nach der Umstellung habe ich gemerkt, dass meine Regeneration und die Kondition besser wurden.
Snowboarden gilt als Outdoor-Sport – spielt Nachhaltigkeit für dich auch abseits der Ernährung eine Rolle, etwa bei Kleidung oder Ausrüstung?
Oh ja, die spielt eine große Rolle bei mir! Obwohl ich von meinen Sponsoren genügend neues Material bekomme, verwende ich mein Equipment immer so lang, bis es fast auseinanderfliegt oder der Sponsor mal nett nachfragt, ob ich nicht die neue Kollektion bewerben kann. Außerdem verwende ich keine Lederprodukte, keine Daunenjacken und keine Produkte aus Merinowolle. Der Weg in die Berge ist bei mir auch sehr nachhaltig: Zu 95 % erreiche ich das Skigebiet zu Fuß, mit dem Bus oder mit einer Mitfahrgelegenheit.
Gemeinsam mit dem Fotografen Marcel Lämmerhirt setzt Thomas Feurstein kreative Projekte um.
Wie wird deine vegane Ernährung in deinem Umfeld aufgenommen, insbesondere im Sportbereich? Begegnet dir dort eher Verständnis oder Skepsis? Und wie verbreitet ist der vegane Lebensstil in der Wintersport-Community generell?
In meinem Umfeld sind die Meinungen meist eine Mischung aus „Das könnte ich nie!“ und „Das könnte ich nie, aber ist an sich eine gute Sache!“. Richtige Veganer:innen gibt’s da leider wenige. Ich finde, in einer Kultur zu leben, die so darauf aus ist, täglich etwas Totes zu servieren, ist es nicht so einfach, nein zu sagen – das ist zwar schade, aber muss realistischerweise so formuliert werden. Da fehlt es bei den meisten an Willensstärke und/oder Empathie.
Was würdest du anderen jungen Sportler:innen raten, die sich vegan ernähren wollen, aber unsicher sind, ob das mit Leistungssport vereinbar ist?
Einfach mal über mehrere Monate ausprobieren. Dass es klappt, haben schon viele in unterschiedlichen Sportarten erfolgreich gezeigt. Vorab ist es sicher auch hilfreich, sich zu informieren, wie sich eine vegane Ernährung auf Tierwohl, Gesundheit und Umwelt auswirkt. Wenn man das mal verstanden hat, geht’s einfacher, als wenn man nur einem „Trend“ oder Ratschlag folgen will.
Beeindruckender Frontside 360 über eine kleine Schlucht im Montafon
Hast du ein rein pflanzliches Lieblingsgericht, das du uns verraten möchtest, oder einen bestimmten Snack, der beim Snowboarden auf keinen Fall fehlen darf?
Beim Snowboarden oder sonst für unterwegs nehme ich immer meine selbstgebackenen „Power-Cookies“ mit. Das sind Schokokekse im amerikanischen Stil mit Walnüssen, Hanf-, Lein- und Chiasamen, Erdnussbutter, Banane usw. Ansonsten koche ich gerne verschiedene Nudelgerichte oder meinen „Stupid Salad“ – der Name ist ein Insider (lacht). Er besteht meist aus Kichererbsen, Gurken, Tomaten, Oliven, Roter Rübe, Paprika und gebratenen Tofustücken. Garniert wird er mit Oliven- und Kürbiskernöl, Essig, Kurkuma und vielen Samen bzw. Kernen (meistens Kürbiskernen, Sonnenblumenkernen und Hanfsamen). Falls jemand nach guten Gerichten sucht: Maya (@fitgreenmind) hat mich noch nie enttäuscht.
Was sind deine nächsten Ziele – sportlich und vielleicht auch als Botschafter für die vegane Bewegung?
Da der Winter heuer ziemlich untypisch war, konnte ich die meisten geplanten Filmprojekte nicht umsetzen. Ich hoffe, dass der nächste etwas besser wird und ich meine Pläne verwirklichen kann. Für die vegane Bewegung bleibe ich weiterhin eher ein stiller Botschafter. Da fehlen mir ehrlich gesagt der Nerv und die Geduld, um mit den Leuten zu diskutieren. Danke und großen Respekt an alle, die sich dafür einsetzen!
Wir wünschen dir weiterhin alles Gute – danke für das Interview!
Fotos: Marcel Lämmerhirt