Vegan als Senior:in - Gesund und fit bis ins hohe Alter

Vegan als Senior:in - Gesund und fit bis ins hohe Alter

22.05.2018

Vegane Ernährung ist nicht nur bei jungen Großstädter:innen sehr beliebt. Auch immer mehr Senior:innen steigen auf eine pflanzliche Kost um. Kein Wunder, denn sie birgt für Menschen über 60 Jahren viele gesundheitliche Vorteile: Chronischen Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes mellitus Typ II kann mit Hilfe einer veganen Ernährung effektiv vorgebeugt und das Risiko für Herzleiden gesenkt werden. 

Körperliche Veränderungen

Das Altern des Körpers ist ein natürlicher Vorgang, der zum Leben dazugehört. Es macht sich unter anderem durch eine abnehmende Leistungsfähigkeit und einen sinkenden Grundumsatz des Energiestoffwechsels bemerkbar. Da der Körper für Krankheiten anfälliger wird, gilt das Alter als relevanter gesundheitlicher Risikofaktor. Wie schnell das Altern des Körpers fortschreitet, ist von Mensch zu Mensch verschieden und lässt sich zum Teil durch einen gesunden Lebensstil beeinflussen.

Ernährungsabhängige Veränderungen

Durch den Alterungsprozess verändern sich verschiedene physiologische Prozesse im Körper. Muskel- und Knochenmasse nehmen ab, während der Fettanteil im Körper steigt. Die Verdauung ist oft erschwert, es kommt leichter zu Verstopfungen und Nährstoffe können nicht mehr so gut aufgenommen werden. Zusätzlich nehmen Geschmacks- und Geruchsempfinden ab, das Durstempfinden sinkt, die Nierenleistung ist reduziert und die Eigensynthese von Vitamin D in der Haut nimmt ab.

Kritische Nährstoffe

Nährstoffe, die im Vergleich zu den Referenzwert der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung in zu geringer Menge aufgenommen werden, bezeichnet man als kritisch. Im Alter nimmt die Anzahl der kritischen Nährstoffe zu. Das ist in erster Linie auf die physiologischen Veränderungen, aber auch auf krankheitsbedingte und soziale Ursachen zurückzuführen. Zu den kritischen Nährstoffen im Alter zählen die Vitamine C, D, E, Folat und Vitamin B12 sowie Kalzium, Eisen und Magnesium. Während eine vollwertige vegane Ernährung viel Folat, Vitamin C, E und Magnesium enthält, sollte auf die Vitamine B12 und D sowie Kalzium ganz gezielt geachtet werden.

Vitamin B12

Unabhängig von der Ernährungsform sind 10 bis 20 Prozent der älteren Menschen von einem Vitamin-B12-Mangel betroffen. Grund ist eine häufig erschwerte Aufnahme des Vitamins, insbesondere wenn eine chronische Gastritis vorliegt. Verschiedene Untersuchungsergebnisse zeigen, dass vegetarisch-vegane Ältere zu 11 bis 90 Prozent von Vitamin-B12 -Mangel betroffen sind. Ein Mangel kann gerade im Alter ab 65 Jahren zu irrversiblen Störungen wie Depressionen, Demenz und Alzheimer führen. Zudem kommt es zu einem Anstieg des Homocysteinspiegels, was wiederum das Risiko für Ateriosklerose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen kann. Da Vitamin B12 nicht in relevanter Menge in pflanzlichen Lebensmitteln vorkommt, können Nahrungsergänzungsmittel eine ausreichende Zufuhr sicherstellen.

Vitamin D

Ein Vitamin-D-Mangel ist ebenfalls kein spezifisches Problem der veganen Ernährung, da im Alter aufgrund einer verringerten Hautdicke die Eigensynthese mithilfe von UV-Strahlen abnimmt. Außerdem nimmt die Aktivierung von Vitamin D in der Niere aufgrund einer verringerten Nierenleistung ab. Ältere Menschen sollten sich daher viel im Freien bewegen, um die Vitamin-D-Bildung durch Sonnenlicht zu optimieren und somit ihre Knochengesundheit zu unterstützen. Während der Wintermonate, wenn die Sonneneinstrahlung in Österreich für die Eigensynthese in der Haut zu niedrig ist, werden Nahrungsergänzungsmittel mit mindestens 20 µg pro Tag empfohlen.

Kalzium

Die maximale Knochendichte ist mit etwa 30 Jahren erreicht. Dann beginnt der Abbau der Kochenmasse mit ca. 1 Prozent pro Jahr. Dieser kann nicht verhindert, aber verlangsamt werden. Hierfür ist unter anderem eine ausreichende Zufuhr von Kalzium notwendig. Gute pflanzliche Quellen sind oxalatarme grüne Gemüse wie Grünkohl und Brokkoli, Sesam, Mandeln, Tofu, getrocknete Feigen sowie kalziumreiches Mineralwasser oder auch angereicherte Sojamilch. Die Zufuhrempfelung der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung liegt bei 1000 mg pro Tag.

Versorgungslage älterer Veganer:innen

Leider gibt es bisher nur wenige Untersuchungen zum Ernährungsstatus älterer vegan oder vegetarisch lebender Menschen. Vereinzelte Studien zeigen, dass die Nährstoffzufuhr weitgehend bedarfsdeckend und teilweise sogar besser als bei vergleichbaren Omnivoren ist. So lag die Zufuhr von Protein, Fett und Kohlenhydraten in einer niederländischen Studie bei den vegetarisch lebenden Senior:innen deutlich näher an den nationalen Zufuhrempfehlungen als die der omnivoren Vergleichsgruppen. Außerdem war die Nährstoffdichte bei den vegetarisch lebenden Personen höher. Die Zufuhr der Mikronährstoffe war weitgehend bedarfsdeckend, nur bei Zink, Eisen, Vitamin B12 und Vitamin D bestand ein erhöhtes Risiko für einen Mangel. Gut versorgt waren ältere Vegetarier:innen auch in einer belgischen Studie. Sie kam zu dem Schluss, dass eine vegetarische Ernährung für ältere Menschen keinen Nachteil bedeutet. 

Vorteile einer veganen Ernährung im Alter

Aus präventiver Sicht hat eine vegetarisch-vegane Ernährung sogar viele Vorteile: Mehrere Studien konnten zeigen, dass Vegetarier:innen und Veganer:innen eine höhere Lebenserwartung haben als die Durchschnittsbevölkerung. Eine geringere Sterblichkeitsrate gilt insbesondere für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Zudem haben vegan lebende Menschen ein geringeres Risiko, ernährungsbedingte chronische Krankheiten zu entwickeln. Neben Herz-Kreislauf-Erkrankungen zählen dazu auch Diabetes mellitus Typ 2, Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen. Ein großer Vorteil der veganen Ernährung besteht darin, dass Übergewicht und Adipositas deutlich seltener auftreten. In Österreich ist laut Österreichischem Ernährungsbericht 2017 bereits jeder 2. Mann sowie jede 3. Frau zwischen 51 und 65 Jahren von Übergewicht betroffen. Da Übergewicht in der Gruppe der „jungen Alten“ zwischen 60 und 74 Jahren als wesentliches Gesundheitsproblem gilt, spielt die Prävention von Übergewicht eine wichtige Rolle in dieser Altersgruppe. Auch die Academy of Nutrition and Dietetics, eine der bedeutensten Ernährungsorganisationen, befürwortet eine vegane Ernährung im Alter und spricht ihr gesundheitliche Vorteile bei der Prävention und Behandlung verschiedener Erkrankungen zu.

Fazit

Eine vegane Ernährung kann nicht nur die Lebenserwartung verlängern, sondern ein gesundes Leben bis ins hohe Alter unterstützen. Die präventiven und therapeutischen Vorteile einer veganen Ernährung zeigen sich gerade bei typischen Erkrankungen älterer Menschen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Adipositas und Diabetes mellitus Typ 2. Eine vegane Kost kann zudem den Nährstoffbedarf des Menschen bis ins hohe Alter decken. Speziell geachtet werden sollte auf eine ausreichende Zufuhr von Vitamin B12, Vitamin D und Kalzium. Wichtig ist eine ausgewogene Ernährung mit einem hohen Anteil an Gemüse, Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten sowie Nüssen und Samen. So wird automatisch eine Vielzahl von Vitaminen, Mineralstoffen, sekundären Pflanzenstoffen und Ballaststoffen aufgenommen, die der Entstehung vieler chronischer Krankheiten entgegenwirken.