Gastronomie der Zukunft: Weltweit erste vegetarisch-vegane Kochlehre in Österreich
Gastronomie der Zukunft: Weltweit erste vegetarisch-vegane Kochlehre in Österreich
Nach jahrelangen Bemühungen kommt sie nun endlich, die neue Kochlehre. Das Wirtschaftsministerium gab Ende Dezember 2024 die Durchsetzung der entsprechenden Verordnung bekannt, die diesen bedeutenden Schritt für die Gastronomie offiziell besiegelt. Die Ausbildung zur „Fachkraft für vegetarische Kulinarik“ soll ab Juli 2025 angeboten werden.
© Tamara Janjuš, Eve Kreiselmeier, Kerstin Brueller
Österreich ist damit das erste Land weltweit, das eine derartige Ausbildung implementiert – ein bedeutender Schritt für die Gastronomie, durch den der wachsende Trend zu pflanzlicher Ernährung aufgegriffen und nachhaltig gefördert wird. Unser Obmann Felix Hnat freut sich: „Österreich kann stolz sein: Mit 5 % vegan lebenden Menschen sind wir Europameister und ab diesem Jahr sogar Weltmeister in der fleischlosen Kochausbildung.“
Der zündende Funke
Dank unserem unermüdlichen Einsatz begannen Anfang 2023 die intensiven Verhandlungen rund um die Umsetzung dieser Ausbildung. Die Idee zur vegetarisch-veganen Kochlehre nahm Gestalt an, als Joachim Ivany, Vertreter der Grünen Wirtschaft, den Antrag für eine fleischlose Kochlehre im Arbeitsministerium stellte. Spitzenköche wie Siegfried Kröpfl und Paul Ivić hatten zuvor jahrelang vergeblich darum gekämpft, Lehrlinge vegan-vegetarisch ausbilden zu dürfen. Mit Unterstützung der Veganen Gesellschaft Österreich und weiterer Akteur:innen wurde schnell ein Netzwerk aufgebaut, das die Notwendigkeit einer solchen Ausbildung verdeutlichte.

Die Einführung der Lehre zur Fachkraft für vegetarische Kulinarik ist ein Meilenstein – nicht nur für die Gastronomie generell, sondern auch für die Betriebe, die sich auf die vegane bzw. vegetarische Küche spezialisiert haben. Ohne die Unterstützung der Veganen Gesellschaft wäre die Umsetzung dieses Projekts mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zustande gekommen.
Joachim Ivany, Initiator der vegan-vegetarischen KochlehreEin turbulenter Weg
Obwohl die ersten Gespräche 2023 vielversprechend verliefen, gab es im Herbst 2024 zunächst unerwartete Verzögerungen und Unsicherheiten. Über den Sommer wurde das Projekt von reger Diskussion und Beteiligung begleitet, doch dann wurde es plötzlich still um das Vorhaben. Zahlreiche Restaurants und Berufsschulen, die die Lehre gerne umsetzen wollten, meldeten sich ebenso wie viele zukünftige Lehrlinge, die sich nach dem Starttermin erkundigten. Die Interessierten waren durch die politische Unsicherheit nach der positiven Berichterstattung in den Monaten davor irritiert.
In dieser Phase schalteten wir uns aktiv ein. Durch eine Petition, die innerhalb weniger Stunden mehr als 1.600 Unterschriften erhielt, konnten wir politisch Druck ausüben und die Entscheidung vorantreiben. Die Verordnung wurde im Dezember 2024 schließlich vom damaligen Arbeitsminister Kocher unterzeichnet und veröffentlicht – ein Triumph nach den langen Verhandlungen!
Gesucht!
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Mit der neuen Lehre erhalten junge Menschen die Möglichkeit, eine fundierte Ausbildung in der vegetarischen und veganen Küche zu erhalten. Die Lehre dauert drei Jahre und schließt analog zur regulären Kochlehre mit einer Lehrabschlussprüfung ab. Inhaltlich ist die betriebliche Kochpraxis im Fokus: Auch Warenkunde, Marketing sowie Nachhaltigkeitsmanagement stehen neben dem Kochen auf dem Lehrplan. An welcher Berufsschule der Unterricht stattfinden wird, ist aktuell noch unklar.
Auswirkungen auf die Gastronomiebranche
Das neue Berufsbild wird nicht nur die beruflichen Perspektiven vieler junger Menschen erweitern, sondern auch die Gastronomiebranche in Österreich und darüber hinaus nachhaltig prägen. Österreich hat sich durch die Einführung der Lehre international als Pionier positioniert.
Immer mehr Restaurants und Gastronomiebetriebe erkennen die wachsende Bedeutung pflanzlicher Alternativen und passen ihr Angebot an. Rund 200 österreichische Restaurants bieten aktuell sogar rein fleischlose Küche an.

Wir bekommen stetig Bewerbungen von Personen, die bei uns eine Lehre machen möchten. An sich mangelt es an Wissen zur pflanzlichen Küche in jedem Bereich der klassischen Kochausbildung. Es gibt einen akuten Fachpersonalmangel in der Gastronomie, sodass man sich darum bemühen sollte, diese Möglichkeit zu bieten.
Larissa Andres & Jonathan Wittenbrink, Geschäftsführerin & Küchenchef von JOLAJunge Menschen treiben den Wandel voran
Das zunehmende Interesse an pflanzlicher Ernährung zeigt sich besonders deutlich im Generationenvergleich. In Österreich ernähren sich bereits rund 5 % der Bevölkerung vegan – damit sind wir europaweit führend. Besonders die Generation Z (Jahrgänge 1997–2012) ist offen für die rein pflanzliche Küche: Im europäischen Schnitt geben 7 % dieser Altersgruppe an, sich ausschließlich vegan zu ernähren. Gleichzeitig kämpft die Gastronomiebranche seit über einem Jahrzehnt mit einem drastischen Rückgang an Lehrlingen: Während 2010 noch 4.940 junge Menschen eine Kochausbildung begannen, waren es 2020 nur noch 2.990.
Auch zwischen den Geschlechtern gibt es Unterschiede: Laut der EU-Studie Smart Protein Survey ernähren sich 6 % der Frauen, aber nur 3 % der Männer vegan. Seit Jahren liegt der Frauenanteil unter den Kochlehrlingen bei etwa 30 %. Die neue vegetarisch-vegane Kochlehre könnte hier eine doppelte Chance bieten: Sie spricht nicht nur junge Menschen an, die aus ethischen oder gesundheitlichen Gründen keine Fleischprodukte verarbeiten möchten, sondern könnte auch mehr Frauen für den Kochberuf begeistern. Damit setzt die Ausbildung nicht nur ein starkes Zeichen für eine nachhaltige Gastronomie, sondern könnte langfristig zur Lösung des Fachkräftemangels beitragen.
Vegucation als Vorzeigeprojekt
Die Vegane Gesellschaft Österreich hat über ein Jahrzehnt hinweg maßgeblich zur Vorbereitung und Umsetzung dieser Ausbildung beigetragen. Im Rahmen des multilateralen Projekts Vegucation, das in Österreich von uns geleitet und umgesetzt wird, haben bereits über 315 Lehrkräfte am Lehrgang „Vegan geschulte:r Köchin:Koch“ teilgenommen.

An den Berufsschulen ist unser Vegucation-Unterricht eine gefragte Zusatzausbildung. Die dort ausgebildeten klassischen Kochlehrlinge machen knapp ein Viertel der stolzen Vegucation-Zertifikatsbesitzer:innen aus. Die neue Kochlehre ist der logische nächste Schritt, um den Interessen der Jugendlichen gerecht zu werden und ihnen eine attraktive Ausbildung zu bieten.
Lisa Klein, Vegucation-LeiterinHaubenkoch Siegfried Kröpfl, Schulungskoch Sven Großhans und Konditorin Melanie Kröpfl vermitteln dabei ihr praktisches Know-how zum veganen Kochen und Backen. Aber auch Theorieinhalte zu pflanzlicher Warenkunde und veganem Marketing sowie die gesundheitlichen, ökologischen und tierethischen Aspekte der veganen Lebensweise stehen am Stundenplan und werden von Profis unterrichtet.
Viele Schulen mit gastronomischem und touristischem Schwerpunkt wie Höhere Lehranstalten für wirtschaftliche Berufe (HLWs) und Tourismusschulen haben bereits damit begonnen, vegane Küche in ihre Curricula aufzunehmen. Über 7.000 Schüler:innen tragen die pflanzliche Küche somit aktiv in die Gesellschaft. Die neue vegetarisch-vegane Kochlehre schließt nun die Lücke in der gastronomischen Ausbildung und bringt sie auf ein neues Niveau, das den Bedürfnissen der modernen Gastronomie gerecht wird.
© Kerstin Brueller, Die WiMo HCB, Tamara Janjuš, Berufsschule Altmünster
Die nächsten Schritte
Der Start der Lehre im Juli 2025 rückt näher und es ist noch viel zu tun. Die Lehrmaterialien müssen entwickelt, das Curriculum muss finalisiert und die Prüfungsanforderungen müssen festgelegt werden. Auch die Berufsschulen und Gastronomiebetriebe müssen auf die Anforderungen der neuen Ausbildung vorbereitet werden.
Ob die Lehre auch rein pflanzlich absolviert werden kann, wird sich zeigen. „Die Detailinhalte bis zum Start im Juli 2025 sind noch nicht in Stein gemeißelt. Jetzt gilt es, weiterhin gut zusammenzuarbeiten. Pflanzliche und regionale Marillenknödel oder selbst hergestellte Mayonnaise sind eine wertvolle Ergänzung zur klassischen Kochlehre – gebackener Emmentaler oder Käsespätzle sind ein alter Hut“, sagt unser Obmann Felix Hnat.
Wir sind sehr stolz darauf, ein so zukunftsweisendes Projekt zu unterstützen, das nicht nur den Bedürfnissen der heutigen Gesellschaft entspricht, sondern auch den Weg für kommende Generationen von Köch:innen ebnet.
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