Brauchen wir Eier für unsere Gesundheit?

Brauchen wir Eier für unsere Gesundheit?

28.05.2024

Es gibt viele gute Gründe dafür, keine Eier zu essen: Massentierhaltung, qualvolle Überzüchtung der Hennen und die Tötung zahlreicher männlicher Küken direkt nach dem Schlüpfen sind nur einige davon. Aber was bedeutet es für unsere Gesundheit, wenn wir gar keine Eier verzehren? Ein Überblick über alle enthaltenen Nährstoffe und darüber, wie wir uns damit auch rein pflanzlich gut versorgen können.

Nicht das Gelbe vom Ei

Selbst wenn mittlerweile bekannt ist, dass das Cholesterin aus Hühnereiern den Cholesterinspiegel gesunder Menschen kaum beeinflusst, wird ein unbegrenzter Eikonsum im Rahmen einer pflanzenbetonten Ernährung von den deutschsprachigen Fachgesellschaften ausdrücklich nicht empfohlen. Die Österreichische Gesellschaft für Ernährung (ÖGE) rät zu maximal drei Eiern pro Woche, während die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) ihre Empfehlungen für den Eikonsum kürzlich sogar auf nur eines pro Woche reduziert hat.

Ungelegte Eier

Fakt ist: Eier sind keine essenziellen Lebensmittel. Sie enthalten lediglich Nährstoffe, die auch auf anderem Weg aufgenommen werden können. Und ob tatsächlich alle davon als essenziell zu bezeichnen sind, kann gern hinterfragt werden. So gibt es beispielsweise für Arachidonsäure und Cholin keine Empfehlungen von DGE und ÖGE.

Eiweiß

Die Bezeichnung „Eiweiß“ verrät es bereits: Eier enthalten mit einem Anteil von 13 % viel Protein – noch dazu leicht verdauliches von guter Qualität. Alle unentbehrlichen Aminosäuren, aus denen Protein aufgebaut ist, können jedoch genauso gut über pflanzliche Lebensmittel aufgenommen werden. Besonders reich an Eiweiß sind Tofu und andere Sojaprodukte wie Tempeh und Sojaschnetzel, sämtliche Hülsenfrüchte, Seitan, Getreide und Getreideprodukte inklusive Nudeln und Brot sowie Nüsse und Samen. Mit einer abwechslungsreichen Ernährung auf Basis dieser Lebensmittel kann eine ausreichende Proteinzufuhr problemlos sichergestellt werden, sofern genug Energie zugeführt wird. Durch die Kombination von Hülsenfrüchten und Getreide ergibt sich ein besonders gutes Aminosäureprofil. Beispiele hierfür sind Hafer-Porridge mit Sojamilch, Kichererbsencurry mit Reis und Spaghetti mit Linsenbolognese.

Vitamin A

Vitamin A ist das wichtigste in Eiern enthaltene Vitamin. In 100 g sind 270 μg enthalten. Zur Einordnung: Erwachsene Männer sollten laut Empfehlungen von DGE und ÖGE 850 μg pro Tag aufnehmen, Frauen 700 μg, Stillende 1.300 μg. Pflanzliche Lebensmittel enthalten zwar kein Vitamin A, dafür jedoch β-Carotin und weitere Carotinoide mit Provitamin-A-Aktivität. Der menschliche Körper kann diese in Vitamin A umwandeln. Aus 12 μg β-Carotin kann 1 μg Vitamin A gebildet werden. Zahlreiche orange-/rotfarbene sowie dunkelgrüne Gemüse- und Obstsorten weisen einen hohen β-Carotin-Gehalt auf. 100 g Karotten enthalten beispielsweise 9.820 μg β-Carotin, was 818 μg Vitamin A entspricht – also mehr als dem Tagesbedarf von Frauen und deutlich mehr, als in einem Ei enthalten ist. Einige Menschen können β-Carotin vermutlich aufgrund eines Enzymmangels schlechter in Vitamin A umwandeln, weshalb ihnen vorsichtshalber eine ca. doppelt so hohe Zufuhr an β-Carotin zu empfehlen ist. Außerdem sollten β-Carotin-reiche Lebensmittel gekocht und gemeinsam mit etwas Fett konsumiert werden.

Weitere Vitamine und Mineralstoffe

Eier enthalten zahlreiche weitere Nährstoffe, darunter Vitamin B2, Vitamin B12, Vitamin D, Folsäure und Eisen, die jedoch in keinen großen Mengen enthalten sind. Der Vitamin-D-Gehalt beträgt 2,9 μg je 100 g – nur ein Bruchteil des Tagesbedarfs von 20 μg. Auch der Vitamin-B12-Bedarf könnte selbst mit einer extrem hohen Menge von zwei Eiern pro Tag nicht gedeckt werden. Weitere Nährstoffe wie Folsäure und Eisen sind in zahlreichen pflanzlichen Lebensmitteln wie Vollkorngetreide und grünen Gemüsesorten viel stärker als in Eiern vertreten.

Cholin

Ob Cholin per Nahrung zugeführt werden muss und, wenn ja, in welcher Höhe, wird derzeit noch kontroversiell diskutiert. Die Datenlage ist dürftig und die Einschätzungen der Fachgesellschaften fallen sehr unterschiedlich aus. Tatsache ist, dass Eier einen relativ hohen Cholingehalt aufweisen. Tatsache ist aber auch, dass Cholin in zahlreichen pflanzlichen Lebensmitteln vorkommt. Mit einer abwechslungsreichen, vollwertigen Ernährung auf Basis von Hülsenfrüchten, Vollkorngetreide, Gemüse sowie Nüssen und Samen ist eine Versorgung mit 400 mg Cholin pro Tag, wie es die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit vorschlägt, möglich. Besonders cholinreich sind unter anderem Sojaprodukte wie Tofu, weitere Hülsenfrüchte, Quinoa sowie Nüsse und Samen. Als Ergänzung kann während der Schwangerschaft zur Sicherheit ein Lecithinpräparat eingenommen werden.

Arachidonsäure

Die Fettsäure Arachidonsäure kommt fast nur in Tierprodukten vor, kann jedoch vom Körper aus der Vorstufe Linolsäure selbst gebildet werden. Linolsäure ist reichlich in vielen pflanzlichen Ölen sowie Nüssen und Samen enthalten, daher ist ein Mangel bei einer veganen Ernährung nicht zu befürchten. Arachidonsäure ist unter anderem ein wichtiger Bestandteil von Zellmembranen und die Ausgangssubstanz für Entzündungsmediatoren. Eine zu hohe Zufuhr oder Bildung von Arachidonsäure kann jedoch mit negativen Folgen verbunden sein: Möglich sind entzündliche, gefäßverengende sowie Blutplättchen aktivierende Reaktionen. Bei bestimmten Erkrankungen wie rheumatoider Arthritis können Betroffene daher von einer Reduktion der Arachidonsäurezufuhr profitieren. Für gesunde Erwachsene ist ein gutes Verhältnis der Zufuhr von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren zu empfehlen. Arachidonsäure ist zudem Bestandteil von Muttermilch. Der Zusatz zu Säuglingsanfangsnahrung ist in der EU zwar nicht gesetzlich vorgeschrieben, wird aber von verschiedenen Fachgesellschaften empfohlen. Vegan ist dies in Form des Pilzöls Mortierella alpina möglich.

Gesund vegan: So geht’s!

Eine abwechslungsreiche Ernährung auf Basis von Hülsenfrüchten, (Vollkorn-)Getreide, Gemüse und Obst sowie Nüssen und Samen versorgt mit fast allen essenziellen Nährstoffen. Ein besonderes Augenmerk sollte auf Vitamin B12 gelegt werden, das bei einer pflanzlichen Ernährung supplementiert werden muss. Je nach individuellem Bedarf kann auch die Ergänzung weiterer Nährstoffe sinnvoll sein. So sind die Zufuhr von Jod und DHA während der Schwangerschaft und Stillzeit in Form eines Nahrungsergänzungsmittels und eine Cholinsupplementierung in Form eines Lecithinpulvers empfehlenswert. Während der ersten ein bis zwei Lebensjahre sollte ergänzend zu den festen Speisen idealerweise Muttermilch gegeben werden, die den Säugling mit allen essenziellen Nährstoffen und darüber hinaus mit Cholin, Carnitin, Taurin und Arachidonsäure versorgt. Wer stattdessen Formulanahrung wählt, sollte vorsichtshalber darauf achten, dass Arachidonsäure und Taurin zugesetzt sind.