Pflanzliche Gerichte am Krankenbett: Für Patient:innen in New York kein Luxus, sondern Standard

Pflanzliche Gerichte am Krankenbett: Für Patient:innen in New York kein Luxus, sondern Standard

16.04.2024

Die Stimmen, die eine pflanzliche Ernährung als Norm fordern, werden immer lauter. Weltweit setzen sich verschiedene Initiativen dafür ein, dass eine pflanzliche Ernährung in der Gemeinschaftsverpflegung zum Standard wird. Die Zahl der erfolgreichen Praxisbeispiele wächst und überzeugende Projekte zeigen global, wie eine Ernährungsumstellung funktionieren kann.

Der Big Apple macht es vor

Vielleicht haben Sie schon in unserem Beitrag zu veganer Ernährung in Krankenhäusern und Kuranstalten gelesen, dass in allen elf öffentlichen Krankenhäusern New Yorks zu Mittag seit 2022 pflanzliche Mahlzeiten als Standard serviert werden. Ein Gericht mit tierischen Produkten erhalten Patient:innen nur auf Nachfrage. Die Beweggründe für diese Maßnahme waren vor allem die gesundheitlichen Vorteile einer pflanzlichen Ernährung für die Patient:innen. Eine pflanzliche Ernährung reduziert erwiesenermaßen das Risiko für chronische Erkrankungen wie Diabetes Typ II, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und bestimmte Formen von Krebs.

Darüber hinaus bringt eine pflanzliche Ernährung einige Co-Benefits. So konnten seit dem Beginn der New Yorker Initiative die Treibhausgasemissionen der Krankenhäuser um 36 % und die Kosten pro Mahlzeit um 59 Cent reduziert werden. Mittlerweile wurden bereits über 1,2 Millionen pflanzliche Mahlzeiten serviert. Und wenn man den Speiseplan betrachtet, wird klar, das New Yorks Krankenhäuser vormachen wie ein vielfältiges, schmackhaftes pflanzliches Angebot geht. Für die Patient:innen stehen beispielsweise marokkanische Tajine, mexikanische Jackfruit-Carnitas mit Reis und Jicama-Krautsalat, Penne mit Erbsenpesto oder Drei-Bohnen-Chili auf dem Speiseplan.

Pflanzliche Ernährung als Standard

Das Konzept hinter der Maßnahme wurde maßgeblich von Greener by Default entwickelt, einem Beratungsangebot für Unternehmen und Cateringservices, die zu einer Ernährungsumstellung beitragen möchten. Greener by Default ist Teil der Better Food Foundation (BFF), die in den USA als Aktionsplattform agiert, die innovative Strategien für Ernährungsumstellungen entwickelt. Mit ihrer Arbeit möchten sie erreichen, dass pflanzliche Ernährung zur Norm wird. Ihre sogenannte „DefaultVeg-Strategie“ ist den Nudging-Methoden zuzuordnen. Das Ziel besteht darin, mehr Menschen dazu zu bewegen, den Konsum von pflanzlichen Mahlzeiten zu erhöhen und weniger Tierprodukte zu essen.

„Default“ im Kontext von Speisewahloptionen kann mit „Standardoption“ übersetzt werden. Die Default-Variante ist die Option, die automatisch gilt, wenn Konsument:innen keine spezifische Präferenz angeben oder keine aktive Entscheidung treffen. Dadurch soll die Wahrscheinlichkeit, dass eine pflanzliche Option gewählt wird, erhöht werden.

 

Infokasten: Nudging

Nudging bezieht sich auf eine subtile, indirekte Methode, die das Verhalten von Menschen beeinflussen möchte. Durch die Gestaltung von Entscheidungsumgebungen sollen Entscheidungen von Konsument:innen gesteuert werden, ohne sie in ihrer Wahlfreiheit einzuschränken. Dies geschieht beispielsweise, indem bestimmte Optionen attraktiver oder leichter zugänglich gemacht werden. Dadurch wird die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sich Personen für dieses Produkt entscheiden. Der Ansatz wird häufig angewendet, um positive Verhaltensänderungen zu fördern, zum Beispiel eine gesunde Ernährung oder umweltfreundliches Verhalten.
Lesen Sie doch in unsere Broschüre „Pflanzliche Bestseller“ hinein, um zu erfahren, wie Sie Ihre pflanzlichen Angebote zur ersten Wahl machen

 

Strategien zur Förderung der pflanzlichen Wahl

Die BFF hat durch Forschung und Praxisprojekte effektive Strategien zur Förderung pflanzenbasierter Ernährung in verschiedenen Speiseumgebungen identifiziert. Das Ergebnis ist eine Sammlung von Taktiken – sogenannte DefaultVeg-Strategien – für Gastronomie und Veranstalter:innen.

Die Wahl der pflanzlichen Option erleichtern:

  • pflanzenbasierte Lebensmittel als Standard servieren – Gäst:innen müssen tierische Produkte explizit anfordern, behalten so jedoch ihre Entscheidungsfreiheit
  • standardmäßig pflanzenbasierte Pattys in Burgern verwenden – Gäst:innen müssen Pattys aus Tierprodukten aktiv anfordern
  • standardmäßig Hafermilch (oder eine andere pflanzenbasierte Milch) in gemischten Kaffeegetränken verwenden – Gäst:innen müssen nach Kuhmilch fragen
  • bei Buffets alle tierischen Produkte in separaten Schalen servieren, anstatt sie in die Hauptgerichte zu mischen, damit die Gäst:innen sie nur nach Bedarf hinzufügen können oder sie alternativ in einem bestimmten Bereich am Ende der Buffetlinie platzieren
  • Aufpreis für tierische Produkte – oder zumindest kein Aufpreis für pflanzenbasierte Produkte
  • bei Veranstaltungsanmeldungen müssen Gäst:innen aktiv die Option mit Tierprodukten wählen: wenn sie nicht vorab ausdrücklich wählen, erhalten sie pflanzenbasierte Mahlzeiten

Pflanzliche Optionen sichtbarer machen:

  • pflanzenbasierte Hauptgerichte am Anfang des Buffets platzieren
  • pflanzenbasierte Hauptgerichte oben auf der Speisekarte auflisten
  • „Tagesgerichte“ oder beworbene Gerichte immer pflanzlich servieren
  • schmackhafte Beschreibungen verwenden, die sich auf Geschmacksrichtungen, Texturen und Zutaten konzentrieren, anstatt gesundheitsförderliche oder vegane Eigenschaften hervorzuheben

Zahlreiche und vielfältige pflanzliche Optionen bieten:

  • Anzahl der pflanzenbasierten Angebote erhöhen – zwei bis drei Mal mehr pflanzenbasierte als Fleischgerichte anbieten
  • bestimmte Produkte nur pflanzlich im Angebot haben, z.B. zu pflanzenbasierter Mayonnaise in jedem Gericht wechseln
  • wenn es einfach realisierbar ist, ein Rezept pflanzenbasiert zu machen (z. B. durch Verwendung von pflanzenbasierter Milch oder Butter), dann entsprechend umsetzen, um Speisen inklusiver zu gestalten

Universitäten: Vorreiter:innen im Ernährungswandel

Nicht nur im Gesundheitsbereich ist eine Ernährungsumstellung sinnvoll. Überall dort, wo es Gemeinschaftsverpflegung oder gastronomische Angebote gibt, sollte die Präsenz pflanzlicher Optionen erhöht werden, um mehr Menschen zu einer pflanzlichen Wahl zu motivieren. So finden sich weltweit Initiativen, die sich für eine Ernährungsumstellung in unterschiedlichen Kontexten einsetzen.

Dazu zählt auch das erfolgreiche Beispiel der Plant-Based Universities, eine Kampagne von Animal Rising. Sie ruft seit 2021 Universitäten dazu auf, ihr Mensaangebot zu 100 % auf eine gerechte und nachhaltige pflanzliche Verpflegung umzustellen. Derzeit laufen an über 70 Universitäten, unter anderem in England, Deutschland, Österreich und der Schweiz, aktive Kampagnen dazu, das Speisenangebot rein pflanzlich zu gestalten – darunter auch weltberühmte Standorte wie die University of Cambridge.

Österreich zieht mit

Die Plant-Based Universities sind auch an einer österreichischen Hochschule vertreten – und das sehr erfolgreich! In Graz hat die Gruppe bereits erwirkt, dass die Studierendenvertretung ihre volle Unterstützung für die Umstellung der Universitätsmensa auf ein rein pflanzliches Ernährungsangebot zusagt.

Die bedeutende Rolle, die Universitäten in der Ernährungswende zukommt, ist in den letzten Jahren immer deutlicher geworden. Die Forderung nach Maßnahmen wird drängender. Auch die Wissenschaft hat das Potenzial und die Verantwortung von Universitäten im Prozess einer pflanzlichen Revolution betont.

Neben der Universität Graz gibt es in Österreich noch weitere Vorbilder, die das pflanzliche Angebot in ihren Mensen schon jetzt stark ausgebaut haben. Ganz vorne mit dabei sind die Montanuniversität Leoben und die Universität für Bodenkultur in Wien. Machen Sie sich selbst ein Bild vom Mensa-Ranking.

Auch von Berlin kann man sich so manches abschauen. Dort hat das Studierendenwerk die Kost in den Mensen schon vor einigen Jahren auf überwiegend pflanzlich umgestellt. Es gibt sogar eine zu 100 % vegane Mensa.

Ausblick

Weltweit wächst die Zahl an Konzepten und Initiativen, die die pflanzliche Ernährungswende vorantreiben. Mehr und mehr Menschen fordern ein Umdenken. Das stimmt hoffnungsvoll, sodass pflanzliche Optionen bald nicht mehr unterrepräsentiert und überteuert sind, sondern sogar den Standard bilden können.

Wenn Sie von mehr Positivbeispielen erfahren möchten, finden Sie hier weitere Initiativen aus dem Gesundheitsbereich.