Hülsenfrüchte – die Zukunft der ökologischen Landwirtschaft

Hülsenfrüchte – die Zukunft der ökologischen Landwirtschaft

11.07.2023

Historisch gesehen zählen Leguminosen zu den ältesten landwirtschaftlichen Nutzpflanzen der Menschheit. Schon Theophrast von Eresos, Schüler von Aristoteles, hat um 300 v. Chr. erkannt, dass Bohnen keine Last für die Böden sind, sondern eher deren Fruchtbarkeit verbessern. Leguminosen oder auch Körnerleguminosen, also Hülsenfrüchtler wie Erbsen, Bohnen, Soja und Lupinen, bereichern unsere Felder schon seit Jahrtausenden unsere Felder mit ihren vielseitigen Eigenschaften. Da sich die Zahl der Nutzpflanzen in der Agrarindustrie im Laufe des letzten Jahrhunderts jedoch auf wenige Sorten reduziert hat und stattdessen auf mineralische Düngung setzt, um Ertrag und Resistenz zu optimieren, wurden Hülsenfrüchte weitestgehend von den Feldern verdrängt, vor allem in Europa. Die Klimakrise stellt die Landwirtschaft, die an deren Entstehung maßgeblich beteiligt ist, nun jedoch vor neue Herausforderungen. Unsere Ernährung und die Landwirtschaft tragen einen großen Teil zur globalen Klimabilanz bei. Tierprodukte haben einen besonders großen CO2-Fußabdruck, werden von vielen jedoch immer noch als unersetzliche Eiweißquelle angesehen. Eine Säule der ökologischen Landwirtschaft stellen daher Hülsenfrüchte dar. In den letzten Jahren kehrt das Wissen über die bodenverbessernden Eigenschaften dieser Eiweißlieferanten zurück.

Anbau in Österreich

Die österreichische Landwirtschaft stützt sich noch immer stark auf die Produktion von Tierprodukten. Im Jahr 2021 machten Tierprodukte 46,8 % und die pflanzliche Erzeugung 43,4 % der österreichischen Landwirtschaftsproduktion aus. Ein großer Teil der pflanzlichen Erzeugung wird in weiterer Folge als Nahrung für Nutztiere verwendet. Zum Beispiel wurden von den insgesamt 5.668 Tonnen Getreide (inklusive Mais) im Jahr 2021 3.776 Tonnen an Nutztiere verfüttert.

Während Weizen, Mais und Gerste immer noch den größten Teil der pflanzlichen Landwirtschaft in Österreich ausmachen, ist der Sojaanbau seit 1990 hierzulande dennoch stark gewachsen und bildet die viertgrößte Ackerkultur. Österreich ist mittlerweile das fünftgrößte sojaproduzierende Land in der EU. Der Anbau findet hauptsächlich in den Ackerbaugebieten in Niederösterreich, Oberösterreich und dem Burgenland statt. Die Sojaproduktion ist zu 100 % gentechnikfrei und bei 40% handelt es sich zusätzlich um Bio-Landwirtschaft. Auch bei der Sojaernte finden letztendlich ca. 50 % ihre Bestimmung in der Verwendung als Futtermittel in der Landwirtschaft. International kommt der Futtermittelanteil sogar auf fast 80 %. Neben Soja hat sich zum Beispiel auch die Käferbohne in der österreichischen Landwirtschaft etabliert. Heimisch ist sie in der Steiermark, wo die besonders kalkhaltigen und mineralreichen Böden der Bohnenpflanze optimale Bedingungen bieten.

Das Potenzial der Leguminosen

Aufgrund des wachsenden Bewusstseins für den Klimawandel bekommen Leguminosen in den letzten Jahrzehnten wieder vermehrt Aufmerksamkeit: Es gibt sogar einen internationalen Tag der Hülsenfrüchte am 10. Februar.

Aber was kann diese Pflanzenfamilie eigentlich? Zuerst sind Hülsenfrüchtler wichtige Proteinquellen. Die Sojabohne hat zum Beispiel einen Rohproteinanteil von 39 %, die Gartenbohne von 24,1 % und die Linse von 26,6 %. Somit stellen sie die wichtigste pflanzliche Proteinquelle dar. Über weitere gesundheitsförderliche Eigenschaften klären wir hier am Beispiel von Soja auf.

Gleichzeitig benötigen Hülsenfrüchte weniger Anbaufläche pro Kilogramm verwertbares Protein im Vergleich mit Tierhaltung. Während aktuell noch die Hälfte des angebauten pflanzlichen Proteins zu Futtermittel weiterverarbeitet wird, könnte diese Fläche genutzt werden, um eine Vielfalt an Hülsenfrüchten für den menschlichen Verzehr zu kultivieren. 

Aus agrarökologischer Sicht liegt die Besonderheit der Leguminosen in ihren tiefreichenden Wurzeln und ihrer Symbiose mit Knöllchenbakterien, die Stickstoff aus der Luft, die sich um die Wurzeln herum befindet, binden und im Boden speichern können. Somit brauchen die Pflanzen keine synthetische Stickstoffdüngung und der Boden ist für nachfolgende Pflanzen sogar nährstoffreicher. Dieser Prozess der Stickstofffixierung verbessert die Bodenfruchtbarkeit und trägt dazu bei synthetischen Dünger einzusparen, der durch seine CO2-Emissionen eine Umweltbelastung darstellt. Darüber hinaus erhöhen Hülsenfrüchtler durch Auflockerung und Luftpolster die Bodenqualität, wodurch der Boden Wasser besser speichern kann und vor Erosion geschützt ist, tragen einen wichtigen Teil zur Förderung der Biodiversität bei und bieten einen Lebensraum für eine Vielzahl von Insekten, Vögeln und Kleintieren.

Schließlich sind Leguminosen auch global ein wichtiges Standbein für unsere zukünftige Ernährungssicherheit. Da die Pflanzenfamilie so groß und divers ist, kann in fast jeder Klimazone eine passende Unterart angebaut werden. Die Pflanzen sind gegenüber Wetterextremen besonders robust: Sowohl Dürre als auch starken Niederschlägen halten sie besser als viele Getreidesorten stand.

Diversität

Hülsenfrüchtler bieten Insekten und kleinen Lebewesen Nahrung und Lebensraum, wodurch sie die biologische Vielfalt auf unseren Feldern fördern. Gleichzeitig sind Leguminosen eine der artenreichsten Pflanzenfamilien und umfassen unter anderen Sojabohnen, Gartenbohnen, Ackerbohnen, Linsen, Süßlupinen, Erdnüsse, Kichererbsen, Klee, Luzernen, Erbsen und viele mehr. In fast jeder Klimazone dieser Erde können Unterarten der Hülsenfrüchtler passende Lebensbedingungen finden.

Durch den starken Fokus auf Soja in der heimischen Saatzucht, wurden andere Körnerleguminosen wie Ackerbohnen, Körnererbsen, Kichererbsen oder Linsen in den letzten Jahren vernachlässigt. Somit hält sich die Anbaufläche, welche mit Leguminosen bewirtschaftet wird, in Österreich noch in Grenzen. 2017 wurde nur eine Gesamtanbaufläche von 22.859 Hektar damit bewirtschaftet, was gerade einmal 1,7 % des gesamten Ackerlands abdeckt. Diese Anbauflächen befinden sich fast ausschließlich in den östlichen Bundesländern wie Niederösterreich (z.B. 1.512 Tonnen Grünerbsen im Jahr 2015) oder der Steiermark (z.B. 600 Tonnen Bohnen).

Immer mehr Landwirt:innen und agrarökologische Initiativen erkennen jedoch das Potenzial dieser bunten Pflanzenfamilie und ihren Wert für eine nachhaltige Landwirtschaft und Ernährung. Österreich bietet gute Bedingungen für eine vielfältige Kultivierung von Leguminosen. Diese können noch besser genutzt werden und der Ertrag kann zu einem größeren Teil in die Verarbeitung für den menschlichen Verzehr fließen, um einen wertvollen Beitrag zu einer sicheren, gesunden und nachhaltigen Ernährung der Bevölkerung zu leisten.

Hier abgebildet: Kichererbsenpflanze

 

Weitere Informationen zu Hülsenfrüchten inklusive Rezepten können Sie hier finden.

Wenn Sie Ihren Teil dazu beitragen möchten, der Vielfalt von Hülsenfrüchten zu mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit zu verhelfen, können Sie bei dieser Rezept-Aktion der AGES mitmachen.

 

Quellen:

Billa Blühendes Österreich. Leguminosen/Hülsenfrüchtler. https://www.bluehendesoesterreich.at/bauernlexikon/leguminosen-huelsenfruechtler (Zugegriffen am 13.07.2023).

Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus. 2021. Österreichische Eiweißstrategie - Abschlussbericht. https://info.bml.gv.at/dam/jcr:bac47722-eb19-4342-a308-c9cc9fecdc48/Abschlussbericht%20Eiwei%C3%9Fstrategie.pdf (Zugegriffen am 13.07.2023).

Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus. 2021. Zahlen und Fakten - 2021. https://www.bmeia.gv.at/fileadmin/user_upload/Vertretungen/London/Dokumente/BMLRT_Daten_und_Zahlen_BF_DE_2021__5_.pdf (Zugegriffen am 13.07.2023).

UFOP - Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen e.V. 2023. Agrar-Info Körnerleguminosen. https://www.ufop.de/agrar-info/verbraucher-info/koernerleguminosen/ (Zugegriffen am 13.07.2023).